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Offenbar hieß Oflings in alter Zeit Wolflins und wie aus Sederlins Sederlitz ward, so aus Wolflins Wolflitz. W und B wechseln im schwäbischen Munde nicht ungern. So ist Holderbank aus Holderwanch entstanden, so hieß umgekehrt Agenwang ehedem Agabang. Vgl. Steichele, Bisth. Augsb. 2, 12. –of für olf ist ohnedem häufig.

Edlitz läßt sich aus Edilins (Edelis), Engelitz aus Engelins, Elitz aus Elins erklären. Der Name Eli, Ely kam z. B. in Lindau als Familienname vor, dann auch in der Schweiz (Heider, Ausführ. der Reichsstadt Lindau etc. – Geschichtsfreund der 5 Orte Band 20 a).

Burgelitz scheint mit dem Namen einer in seiner Nähe abgegangenen und im J. 1417 genannten Burg Burgoltz zusammenzuhängen. Letzeres ist eine genitivische Ellipse wie Leupolz, Landolz u. s. w. Burgelitz dürfte aus Burgolfs entstanden sein, wie Meglitz (Eglofs) aus Egelolfes, denn Eglofs heißt im Volksmund Meglitz, d. h. zu – m Eglitz. Vgl. Stälin, Gesch. v. Wirt. 2, 495.

Leritz stellt sich neben den Geschlechtsnamen Leri, wie Göritz zu Göri, das aus Gerhard entstanden ist. In der That hat es früher auch Gerhards geheißen. Vgl. auch die oberschw. Familiennamen Loritz, Lori, Lauri, Lör, Lohr.

Kadlitz scheint zu den oberschwäbischen Familiennamen Kadel zu gehören. Im J. 1281 wird zu Osterach eines Heinricus dictus Kadil gedacht. Kadel, Kadil dürfte sich aber zu Kadilin, Chatili aus Chato, Kado (Förstemann I, 305) verhalten, wie Rodil zu Rodilin aus Rodo.

Ich will die Besprechung dieser Sippe mit dem Ortsnamen Wangeritz schließen. Es ist Ihnen bekannt, wie leicht im Schwäbischen und Alemannischen m und w wechseln, denken Sie an wir und mir, an Wixtur und Mixtur u. dgl. So wechseln heute noch Wellbrechts und Mellbrechts, wie ein Weiler im O/A. Wangen heißt. Eigentlich hieß er ursprünglich zum Edelbrecht. Bei Neugart finde ich zum J. 760 einen Alemannennamen Mangar, woraus die genitivische Ellipse oder vielleicht besser gesagt, der Lokativ: Mangaris, Wangeritz mit Leichtigkeit gebildet wird.

Ich gehe nun zu dem Ortsnamen auf –ings über. Da haben wir Aberlingsberg, Bimmlings, Brändlings, Epplings, Häberlings, Kehlings, Menzlings, Oflings, Riedlings, Schaulings, Stübling. Man denkt hier zunächst an die Patronymica auf –ing, wie z. B. Bräuning, Haiing, Henking, Schilling, Ilsing u. s. w., die zu den bekannten Personennamen Braun, Hai, Hank, Schill, Ils u. s. w. gehören. Allein hier in Oberschwaben ist das nur Schein. Dieses –ling ist nichts anderes, als die Diminutivendung lîn. Der Algäuer sagt wing für Wein, ling für lein u. s. w., weßhalb man ihn mit der Rede neckt: „i bring ming mings küehling ring“, wörtlich: ich bring’ mein maises (unfruchbares) Kühlein herein. In den genannten Ortsnamen stecken die noch lebenden algäuer Geschlechtsnamen: Aberlin, Bimlin, Brändlin, Epplin u. s. w., die eben nur Aberle, Bimmele, Brändle u. s. w. geschrieben werden, weil jetzt der schwäbische Dialekt der landesherrliche ist. Vielleicht ist Münsterlingen bei Konstanz auf die gleiche Weise aus munsterlin entstanden.

Von den auf –olz endigenden Ortsnamen des Algäus gehören einige scheinbar zum Grundwort –holz, wie Aigholz, Eisenholz, Gerholz und Reichholz. Sie sind aber in Wirklichkeit nichts anderes, als die Genitive der Personennamen : Aigolt (einen Aigold findet man bei Meichelbeck), Eisenbolt, denn nach dem Chron. Isnens. heißt dieser Ort Isinboltis; Gerolt und Reicholt. Außer diesen nenne ich noch die Orte: Freibolz, Hornstolz, Landolz, Leupolz, Muderpolz, Tristolz, Truiolz und Ziegolz. Landolt und Leupolt sind bekannte Namen. Einen Freubold finde ich im 9. Jhdt. Kausler, W. U. 2, 377. – Hornstolz steht im Staatshandbuch, das Volk aber sagt Horschlets oder Hoschlets, das Waldseer Urbar von 1576 schreibt: Horschelts. Es ist offenbar der algäuische Familienname Horschelt, welchen der kürzlich verstorbene, berühmte Darsteller kaukasischer Bilder getragen hat. Einen Horscolf finden wir im Nibelgau schon im J. 812. Kausler, W. U. 1, 200.

Schwierig zu erklären ist Muderpolz. Man denk an Morbolt, Maurboldt, welche Förstemanns Namenbuch anführt. Sollte sichs etwa Murbolt, Maurbolt in Mauderbolt erweitert haben, wie das Adjektiv

Empfohlene Zitierweise:
Michel Buck: Ueber oberschwäbische Orts- und Familiennamen. Wagner’sche Buchdruckerei in Ulm, Ulm 1872, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ueber_oberschw%C3%A4bische_Orts-_und_Familiennamen.pdf/4&oldid=- (Version vom 27.2.2024)