befiehlt ihnen, irgend eine Gegend zu überfallen und zu verheeren. So entsetzliche Fresser finden sich nicht wieder in der Insektenwelt. Der Schwarm bewegt sich nur auf Befehl des Anführers – erhebt sich dieser, so fliegen Alle auf, sitzt er nieder, so fallen Alle zu Boden. Auf dem Flecke lassen sie sich todtschlagen zu Hunderten, ohne sich zu rühren, wenn ihnen der Anführer keinen Befehl gegeben hat. Willenlos, sind sie nur Maschinen in der Hand des Mächtigen.
Wehe dem Lande, in welches die Schwärme dieser stehenden Heuschreckenheere einfallen! Kein Baum, kein Grashalm bleibt stehen – Alles wird von den Unersättlichen vernichtet, oder, nach ihrer Kunstsprache, requirirt. Du siehst, wie der kleine Schwarm gehaust hat, der hier sich niederließ – du kannst dir keinen Begriff von dem Aussehen eines Landes machen, in welches ein solches Heer mit Ueberzahl gekommen ist. Tausende ihrer Leichen, von ihren Feinden getödtet, faulen auf dem Boden umher, verpesten die Luft und erzeugen bösartige Krankheiten, an welchen Insekten und andere Thiere zu Grunde gehen; – die Gegenden, welche sie verlassen, sind verödet, ausgestorben, die Bewohner dem Hunger oder den Krankheiten erlegen, die Felder auf Jahre hinaus verwüstet, die Nahrungsquellen der Bevölkerung für lange Zeiten versiegt. Vor und hinter diesen Schwärmen der stehenden Heere wüthet der Todesengel – ihr Zweck ist Vernichtung, und sie erfüllen denselben durch ihre bewundernswerthe Organisation, welche die Einzelnen mit unerbittlicher Strenge zusammenhält.
So ist denn dieß unglückliche Land unterjocht, verarmt und eine Beute der Kakerlaken und der Heuschrecken geworden. Was grünt, wird von diesen gefressen – alle Einkünfte
Carl Vogt: Untersuchungen über Thierstaaten. Literarische Anstalt, Frankfurt am Main 1851, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Untersuchungen_%C3%BCber_Thierstaaten-Carl_Vogt-1851.djvu/177&oldid=- (Version vom 1.8.2018)