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Die Geschichte lehrt, daß die Preussen unter ihren Kurfürsten und unter Friedrich II. mehr als irgend ein anderer Stamm zur Auflösung deutscher Einheit beitrug; die Zukunft wird lehren, ob sie für das Zerstörte den deutschen Brüdern einen geistigen Ersatz zu bieten bestimmt sind. –

Das Jahr 1807 zertrümmerte die preussische Monarchie. Der Gedanke, daß dazu eine einzige Schlacht – nicht so entscheidend wie die bei Kunersdorf – hinreichte, mußte das Gemüth jedes Vaterlandsfreundes erschüttern und seinen Blick auf die Gebrechen lenken, durch welche so unglaubliche Folgen möglich geworden. Da offenbarte sich, was bisher dem Lande gefehlt und was allein es zu retten im Stande war. Mit dem Edelsten, was ihr verblieb, flüchtete die Monarchie zu ihrer Wiege, um neuverherrlicht wieder zu erstehen.

In der Stadt, wo Kant die Welt erleuchtete, wo annoch seine Freunde, Männer von Tiefsinn und hoher Rechtlichkeit weilten, fand der unglückliche König jene erhabene Weltansicht, welche die fürchterlichsten Bedrückungen nur als einen nothwendigen Uebergang betrachten läßt, – fand Stein jene edle Genossenschaft, die ihm in der Wiedergeburt des Staates thatkräftig zur Seite stand. Fürst und Volk – bisher von einander getrennt durch ein stehendes Soldaten- und Beamtenheer – mußten in gegenseitiger Liebe vereint, der unterdrückte Nationalgeist belebt, die thätigste Mitwirkung der freien Bürger in Anspruch

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Johann Jacoby: Vier Fragen beantwortet von einem Ostpreußen. Verlag von Otto Wigand, Mannheim 1841, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vier_Fragen_beantwortet_von_einem_Ostpreussen.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)