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Die Kirche ist aus großen gelblichen Sandsteinblöcken erbaut; das Innere bietet manches Interessante, da es ganz mit Fresken bedeckt ist. Das Chor ist mit einem Mosaikboden belegt, den der Kaiser Alexis I. (aus dem Hause der Komnenen) geschenkt hat. Was die Gemälde betrifft, so kann man an ihnen, ohne das Alter näher bestimmen zu wollen, zwei Perioden unterscheiden, das heißt an den Gemälden und an den Ausbesserungen. Die Gemälde sind in byzantinischem Sinne gehalten. Die Retouchirungen oder späteren Malereien verraten eine frappante Ähnlichkeit mit den ersten Werken der italienischen Renaissance. Nachdem die Genueser einmal an dem Gestade des schwarzen Meeres das Übergewicht erlangt hatten, das sie bis zum Sturze des griechischen Kaisertums behielten, konnte es gar nicht ausbleiben, daß die italienische Kunst auch dort ihren Einfluß ausübte, so unglaublich dies auch auf den ersten Blick hin scheinen mag. Einige Fresken, die augenscheinlich neueren Datums sind, zeichnen sich durch außerordentliche Häßlichkeit aus. Die Zusammenstellung der Personen gibt, abgesehen von einigen apokryphischen Vorwürfen, die Geschichte von Joachim und Anna, die Geschichte der heiligen Familie und endlich die Leidensgeschichte und Auferstehung Christi. Der übrige Raum ist der Darstellung verschiedener Heiligen überlassen. Eine große Freske an der linken Seite des Transepts stellt David II. und seine Familie dar.

Der Schatz von Ghelat enthält die Krone der Könige von Imereth, mehrere Tiaren (Omophoria) der Erzbischöfe und ähnliches. Alle diese Stücke sind mit Perlen bedeckt, die Königskrone mit feinem Emailleschmuck. Außerdem birgt der Schatz auch einige schöne Manuscripte, darunter ein griechisches Evangelium aus dem zehnten Jahrhundert und Manuscripte aus der Regierungszeit Bagrats IV. (1028—1072).

Die eine der kleinen Kapellen, in rechteckiger Form errichtet, enthält das Grab Davids des Wiederherstellers. Die Kapelle ist in späterer Zeit durch eine Mauer in zwei zerlegt worden. Diese Mauer hat den Zweck die Kuppel zu stützen. Die Thore von Gandja (Elisabethpol) sind gegen diese Mauer gelehnt. Eine einfache Platte, die mit halbverwischten Inschriften bedeckt ist, zeigt das Grab des Königs an.


Von Kutais nach Tiflis.
28. August.

Der Tag ist schwül, und von Osten weht ein brennender Sirokko. Die Eisenbahn steigt das Thal von Kvirila hinauf, indem sie stets längs des Flusses einherläuft. In diesem fruchtbaren Imereth sieht das Auge überall ein köstliches Grün; selbst die begonnene Abholzung hat bis jetzt die Entwickelung der üppigsten Vegetation noch nicht aufhalten können. Überall erblickt man Schlingpflanzen in unglaublicher Menge.

Hinter der Station Kvirila benutzt die Eisenbahn das Thal des Tschcherimbla. Bei Bieloguri beherrscht eine malerische Ruine den Strom. Nachdem diese Station verlassen ist, steigt man das Thal von Moliti hinauf.

Die transkaukasische Eisenbahn ist von englischen Ingenieuren mit englischem Kapital erbaut worden. Die Ingenieure wollten in dem Suramberg einen Tunnel anlegen; aber dieses Vorhaben schien den Russen, die in dieser Hinsicht keine Erfahrungen hatten, zu gefährlich, und so kam es, daß man sich mit einem Einschnitt

Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/30&oldid=- (Version vom 1.8.2018)