Seite:Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen.pdf/339

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Die Ebene ist mit kriechenden Koloquinten bedeckt; zu meinem großen Erstaunen sah ich, wie die Schafe die weichern Teile dieser schrecklich bittern und giftigen Melone verzehrten.[1]

Diese Hämmel sind überhaupt merkwürdig; sie sind klein von Gestalt, besitzen aber als Ersatz übermäßig große Ohren, so daß sie beim Weiden diese unschönen Anhängsel ungefähr zehn Zentimeter über den Boden schleppen.

In der Ebene sieht man zuweilen einmal eine Antilope, sowie bei den Sümpfen Pelikane und Kraniche. Gegen Abend bot sich uns das Schauspiel, einen außerordentlich großen Zug Vögel zu sehen, die sich in der Ferne damit belustigten, tausend verschiedene Bogen zu beschreiben, so daß sie bei jedem Wechsel der Richtung in dem Sonnenlichte metallisch glänzten. Während des ganzen Nachmittags brachte die Sonne an der einförmigen Oberfläche der Wüste fortgesetzt Luftspiegelungen hervor.

Ankunft 4 Uhr.

Gegen vier Uhr erreichten wir den Khan Mahauil, den ein Palmenbusch umgiebt und der nahe an einem alten, tiefen Bewässerungskanal liegt. Dieser Kanal ist ausnahmsweise in der Erde ausgehöhlt.

Khan Mahauil.

Der Khan ist wie die meisten auf dem Wege von Baghdad zu den schiitischen Heiligtümern von Kerbela und Mesched-’Ali von einigen großmütigen Personen erbaut worden. Er hat die Form eines Rechtecks; von außen ist er einer Festung ähnlich, da er keine Öffnung hat als den großen Eintrittsportikus, der von einem Turme überragt wird.

Durch diesen Portikus gelangt man in einen großen Hof, den die Logierräume des Khans vollständig umgeben. Die Logierräume für den Sommer liegen an dem Hofe selbst. Es sind Nischen, Hütten, die nach vorne zu offen sind. Gewöhnlich sind sie drei Meter breit und auch eben so tief; sie liegen ein Meter über dem Boden und endigen in Spitzbogen.

Zwischen diesen Hütten und den äußeren Mauern liegen die Logierräume für den Winter und die Ställe. Das Ganze besteht aus einem großen Korridor, welcher der Länge nach den Khan durchzieht und einige Luftlöcher in dem Gewölbe hat. Der Korridor selbst dient auch als Stall und hat an beiden Seiten Nischen, die denen des Hofes ähnlich sind. Freilich ist es ein wenig dunkel hier, aber es ist warm, und dies Obdach wäre ganz gut. Wenn nur die nach Mesched-’Ali reisenden Pilger keinen solchen Heidenlärm verursachten. Der ganze Khan zeigt einen strengen Stil, aber doch einen guten Geschmack seitens seiner Erbauer.

16. Januar. Abreise 7 Uhr 40 Min. des Morgens.

Eine Stunde ungefähr nachdem wir den Khan verlassen hatten, kamen wir am Fuße des Tell-el-Kreni, eines ziemlich bedeutenden Hügels, der viel durchforscht

  1. Ich fragte mich bei Abfassung des Buches noch, ob ich mich nicht getäuscht hätte; dies ist aber ausgeschlossen, da mein Reisejournal vollständig zuverlässig ist.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/339&oldid=- (Version vom 1.8.2018)