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halber kauften wir nun doch den Zylinder, aber nur für den zwanzigsten Teil der verlangten Summe.

Ich habe bereite erzählt, daß Baghdad eine jüdische Bevölkerung von 20000 Seelen zählt. Braucht man da noch zu erstaunen, daß die in der ganzen Türkei so bedeutende Wechselfrage hier zu einem unlösbaren Problem geworden ist?

Gouverneure und Juden verstehen sich wie Diebesgesindel; mit Wertpapieren werden hier keine Geschäfte gemacht, wohl aber mit den Münzen. Der Medschidie gilt hier anstatt zwanzig Piaster bloß neunzehn; ein Viertel-Medschidie gilt aber bloß drei Piaster, und gewöhnlich wird man ihn zu diesem Preise noch nicht los. Man behauptet, daß diese Preisherabsetzung des Geldes durch die Seltenheit des Goldes bedingt wird, und daß es bei dem Viertel-Medschidie durch das schlechte Ansehen gerechtfertigt wird. Das Kupfergeld hat seinen gewöhnlichen Wert. Auch läuft eine große Menge persischen Geldes neben den indischen Rupien im Lande.

Die Preisverminderung bildet den Grund der Börsengeschäfte. (Es muß hier bemerkt werden, daß Banknoten in Baghdad gänzlich unbekannt sind.) Die Juden haben auf dem Markte den Alleinhandel irgend einer bestimmten Geldsorte, so daß durch die Seltenheit der Preis derselben in die Höhe getrieben werden muß. Ist dieses der Fall, dann geben sie die Stücke wieder aus. Da bei dem Mangel einer eigentlichen Börse sich die Preisschwankungen langsam vollziehen, so haben die Söhne Israels Zeit, ihren Vorrat wieder loszuschlagen, ehe ein Fallen des Preises eintritt – und das Geschäft ist fertig. Aber durch die Seltenheit der Geldstücke, um die es sich eben handelte, haben die andern auch eine gewisse Herabsetzung erlitten, und in dem Augenblick, wo die Geldmänner ihren Bestand absetzen, verstehen sie sich darauf, daß sie sich unmittelbar mit anderen Stücken wieder reichlich versehen – selbstverständlich Stücke einer und derselben Art – und fangen mit diesen dann wieder dasselbe Manöver an.

Besonders gelingt ihnen dieses Spiel gut bei ausländischen Münzen, namentlich bei den indischen Rupien und persischen Krâns.

Die Rupien standen bei unserer Anwesenheit in Baghdad 25% unter Nennwert. Unter dem Vorwande Gold einzuführen, hat der Wali im Juli 1888 verfügt, daß die Rupie anstatt eines Wertes von elf „guten“[1] Piastern nur mehr einen solchen von 7½ besitzen sollte, und gab seinem Befehle die Sanktion durch Gefängnisstrafen. Er hat nach dem arabischen Ausdruck die Rupie „gebrochen“ (das „Brechen“ der eingeführten Rupien geschieht dem Anscheine nach auf Befehl).

Man gab mir noch verschiedene andere Erklärungen, von denen ich aber nichts verstanden habe.

Das Notwendigste für uns war jetzt, den kürzesten Weg aufzufinden, um nach Europa zurückkehren zu können.

Wir konnten drei Routen wählen; wir konnten nach Mosul zurückkehren und von dort über Diarbekr und Haleb nach Alexandrette reisen; aber bei dem winterlichen Wetter durfte an ein solches Unternehmen nicht gedacht werden. Direkt auf Damas zu maschieren durch die Wüste, war in dieser Jahreszeit auch nicht ratsam;

  1. Man rechnet gewöhnlich dort nach schlechten Piastern, deren vier auf einen guten gehen. Der schlechte Piaster ist ein Stück von zehn Paras – Kamaris genannt; der Piaster gilt ungefähr achtzehn Pfennig.
Empfohlene Zitierweise:
Paul Müller-Simonis: Vom Kaukasus zum Persischen Meerbusen. Verlag von Franz Kirchheim, Mainz 1897, Seite 325. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Vom_Kaukasus_zum_Persischen_Meerbusen.pdf/351&oldid=- (Version vom 1.8.2018)