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weite Umschattung, in welcher die Echo weilte, hat aufgehört. Ein kleines Buchenwäldchen, das hier jenes Echo verstärkte, ist seitdem umgehauen und die Nymphe, die den Virgilschen Vers so gelehrig nachsprach, entflohn. Der Schloßplatz, auf welchem ehemals Ritter und Frauen umhergewandelt, ist zur Weide umgeschaffen worden. Ein mächtiger Stier, der aus einem Gemach des untern Stocks dieser alten lettischen Burg hervortrat, erinnerte mich an die gottesdienstlichen Gebräuche der alten Kuren, wo, wie die Chronik erzählt, bey den damaligen Opfern oft zwischen Menschen und Thieren das Loos entscheiden mußte[1]. Später aber, im Jahre 1440, hatte der Voigt zu Grobin, Goswin von Aschenberg, 16 Personen, welche, um den Orden zu verklagen,

  1. Arndts eigene Worte lauten (siehe Chronik erster Theil Seite 182. —) „Zu der Zeit befand sich eben im Tharbet der Priester Hartwich, den sie auf den besten Mastochsen setzten, weil er selbst eben so dick war; sie führten ihn zum Schlosse heraus, und erkundigten sich durch’s Loos um den Willen der Götter, wen sie von beyden erwählen sollten. Das Loos fiel auf den Ochsen und er ward augenblicklich geopfert.“
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Ulrich von Schlippenbach: Malerische Wanderungen durch Kurland. C. J. G. Hartmann, Riga und Leipzig 1809, Seite 74. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:VonSchlippenbachMalerischeWanderungenDurchKurland.pdf/85&oldid=- (Version vom 13.12.2020)