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Nach dem entscheidenden Ereignis von Murten begannen Eidgenossenschaft und Niedere Vereinigung auseinanderzugehen. Der Zweck ihres vor zwei Jahren geschlossenen Bündnisses war in der Hauptsache erreicht.

Dagegen traten jetzt die Angelegenheiten Lothringens in den Vordergrund. Während die Eidgenossen ihre Sache mit Karl als beendigt ansehen konnten und dem Herzog Renat, nach Abweisung seines Gesuchs um Aufnahme in ihre Bünde, zuletzt nur eine Freundschaftszusicherung erteilten und für den Notfall die Werbung schweizerischen Kriegsvolkes gestatteten, nahm sich die Niedere Vereinigung ihres Föderierten nach Kräften an.

Unaufhörlich sehen wir in diesen Monaten den Herzog Renat hin- und herreisen; bald führt er den Kampf in Lothringen, bald unterhandelt er mit der Niedern Vereinigung und den Eidgenossen. Jedesmal bei diesem Durchreisen empfängt ihn Basel, ehrt und bewirtet ihn. Am festlichsten wohl, als er zu Beginn des Juli von Murten kam und alle Welt im herrlichen Hochgefühl dieser Tage lebte. Schon vierzehn Tage später fuhr er wieder hier durch, auf dem Wege zum Freiburger Kongreß, u. s. f.

Bei diesen häufigen Besuchen hat es an Besprechungen über die Sache Lothringens nicht gefehlt. Dort war noch immer Karl von Burgund Herr des Landes, und Renat vermochte nichts gegen ihn zu unternehmen ohne die Hilfe seiner oberrheinischen Verbündeten. Er verlangte diese, sogleich nach Murten schon, und von da an kam die Bewegung nicht mehr zur Ruhe.

Der gewaltige Schlag jenes Sieges war noch kaum verhallt, und schon wieder bot sich das Schauspiel rastloser Erregung. In den wilden Kriegsjahren und an ihren unerhörten Erfolgen war das Volk der schweizerischen und oberrheinischen Gebiete seiner Kraft mehr als je bewußt geworden, hatte sich an dieses Leben gewöhnt wie an ein Bedürfnis, und so sehen wir, wie es immer lauter aufschäumt, stets aufs neue sich in Freikorps sammelt, verheerende Züge ins Burgundische unternimmt. Daneben her geht die Tätigkeit der Regierungen, auch sie aufs höchste gesteigert, aber besonnen, durch Erwägungen des Interesses und bestehender Bundespflichten getragen.

Hier in der Lothringer Sache ist es vor allem das Interesse Straßburgs, das sich geltend macht, und zeigt sich dementsprechend innerhalb der Niedern Vereinigung die schon erwähnte Antagonie Basel—Straßburg. Basel und seine Nachbarn zögern anfangs in der Zusage der von Renat geforderten, von Straßburg empfohlenen Hilfe, und Straßburg beschwert sich über dieses Zögern bei den Eidgenossen. Basel hinwiederum weigert

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes erster Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1911, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,1.pdf/118&oldid=- (Version vom 8.8.2016)