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gemäßes Recht, das aber schon frühe durch Ansprüche oder Befugnisse Anderer durchbrochen wurde. Die Entwickelung von Welt und Kirche brachte notwendig eine Vermehrung von Möglichkeiten auf diesem Gebiete; nicht nur Tatsachen, sondern auch Begeisterung und Ehrgeiz führten dazu, daß ein Kirchenorgan dem andern die Arbeit streitig machte.

Eine Konkurrenz bereiteten vor Allem die schon erwähnten Meßpfründen; ihre Stiftung konnte daher meist nicht geschehen ohne Konsens des Kirchherrn.

Auch an die Kapellen darf erinnert werden, die das Kirchgebäude in nächster Nähe begleiteten, ihm eingebaut waren oder auf seinem Kirchhof standen. Solche Kapellen, mit eigenem Kultleben höchst verschiedener Intensität, fanden sich bei den meisten Kirchen.

In Betracht kamen ferner die Niederlassungen auswärtiger Klöster, wenn sie eigene Kapellen und Priester hatten und damit eine Exemtion vom Rechte des Parochus darstellten. Die St. Bernhardskapelle im Lützelhof, schon 1224 genannt, begegnet uns noch im XV. Jahrhundert; auch Beinwil hatte hier seine Kapelle; Gleiches dürfen wir für die Höfe von Murbach St. Blasien Mettingen usw. annehmen.

Sodann die mit Altären und Geistlichen ausgestattete Spitalkirche sowie die Oratorien des Siechenhauses und der Elendenherberge.

Endlich die abgesonderten selbständigen Kapellen. Manche unter ihnen waren freilich kaum etwas Anderes als Andachtsorte und Heiligenhäuschen, hatten nicht immer einen Altar, keinen regelmäßigen Gottesdienst, jedenfalls keine Kaplanei. Betkapellen solcher Art waren wohl die alten Heiligtümer von St. Ursula beim Birsigauslauf (ehemals Schwanengasse 1) und St. Germanus (Nicolaus) am Rheinufer des St. Albantals. Auch die zahlreichen Feldkapellen rings um die Stadt an den Landstraßen gehörten größtenteils in diese Reihe: die Kapelle vor dem St. Albantor im Göllert; die Katharinenkapelle vor dem Äschentor; die Kapelle vor dem St. Johanntor; die Margarethenkapelle vor Kleinbasel, die 1403 beim Bau der Karthaus abgebrochen wurde; die Kapellen von St. Anna vor dem Bläsitor und des Heiligen Kreuzes vor dem Riehentor und dem Spalentor.

Klar erkennbar tragen diese Kapellen neben der Bedeutung von Reiseandachtstätten den Charakter von Grenzheiligtümern. Sie stehen in der Nähe der Kreuze und Kreuzsteine, ummarchen mit diesen das städtische Gebiet und dessen Frieden. Daher z. B. die Stadt 1440 dem Papste bis zur Katharinenkapelle entgegenging, die Hegenheimer 1493 ihre fremden Kranken bei der Heiligkreuzkapelle an Basel abschoben.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 630. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/109&oldid=- (Version vom 4.8.2020)