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kleinbaslerischer Gemeinderechte, sondern eher in der Absicht, in der nun ihm gehörenden Stadt dem die Pfarrkirche beherrschenden Domkapitel gegenüber ein eigenes Gotteshaus zu haben. Namentlich bei der Heiligkreuzkapelle ist diese Absicht kaum zu verkennen. Hier war das Primitive das Bestehen eines Elendenkreuzes d. h. eines Kreuzes der Fremden, zu dessen Anbetung das Volk sich an dieser Stelle, wo die große Landstraße in die Stadt eintrat, oft in Massen drängte. Von einem dieses Kreuz bewachenden Bruder ist die Rede, dann von einer Kapelle, die hier errichtet worden ist, Vermögen und Pfleger hat. Nach der Vereinigung der Städte gewann auch dieses Verhältnis neues Leben. Der Rat nahm das Vermögen in seine Verwaltung und erlangte vom Papste 1403 die Erlaubnis zum Neubau der Kapelle. Deutlich ist dabei jedes allfällige Recht des Kleinbasler Pfarrers und seines Kirchherrn, des Domkapitels, ferne gehalten, vielleicht auf Betreiben Jacob Zibols, der gerade damals bei Stiftung der Karthaus mit der Opposition jener Beiden kämpfen mußte. Den Patronat der Kapelle hatte sich der Rat vom Papste geben lassen; die Oblationen blieben der Kaplanei; die Kapelle hatte ihre eigenen Pfleger. Der Rat bestritt die Kosten der Weihe 1404, ließ 1418 den Raum prachtvoll ausmalen, fundierte 1423 in förmlicher Weise die Kaplanei, nachdem ein „armer priester“, Hans Füerin, den der Rat schon 1403 für die Pfründe in Aussicht genommen, „zu mengem male gen Rom gelaufen ist“ und Freiheiten für die Kapelle erworben hat. Dieser Füerin wird 1423 vom Rate präsentiert, vom Konstanzer Bischof instituiert und investiert; seine Besoldung hat er vom Rate. Außer seinen Verrichtungen in der Kapelle selbst soll er gelegentlich dem Leutpriester zu St. Theodor mit Lesen und Singen helfen.

Noch einen Schritt weiter zur Freiheit sehen wir gemacht bei der Kapelle des Heiligen Kreuzes vor dem Spalentor, an der Straße nach Hegenheim. Von einem Filial- oder sonstigen Verhältnis dieser Kapelle zu einer der städtischen Pfarrkirchen verlautet nichts. Ihre Anfänge und ihre Entwickelung sind unbekannt; sie erscheint als selbständige Institution; ihren Kaplan und die Pfleger wählt der Rat.

Von St. Andreas wird später zu reden sein.

Die Kapellen bewirkten nicht in jedem Fall eine Schädigung der Gemeindekirche. Wie sie vielmehr gerade in deren Interesse und zur Abwehr der Konkurrenz von Nachbarkirchen entstehen konnten, zeigt die Absicht St. Albans, seinem innerhalb der Stadtmauern gelegenen Parochieteil eine Kapelle mit Kirchhof zu geben, und zeigt der Bau von St. Nicolaus 1255. Auch waren die Geistlichen der Kapellen meist ausdrücklich auf ihren

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 632. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/111&oldid=- (Version vom 4.8.2020)