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Altardienst eingeschränkt. Aber wenn auch „weltliche“ d. h. finanzielle Schädigungen von Belang verhütet werden mochten, so gaben doch die Messen und überhaupt der ganze Kultusbetrieb dieser nebenaus liegenden zahlreichen Gotteshäuser die Möglichkeit einer Ablenkung, die sehr wohl als damnum spirituale gelten konnte.

In jedem Betrachte kräftiger und spürbarer war natürlich die Konkurrenz, die einer Pfarrei durch eine Nachbarpfarrei entstehen konnte. Bei einer solchen war mehr zu finden als bei einer Kapelle: das Pfarramt mit allen seinen Rechten und die voll ausgestattete Kirche. Ganz natürlich kam es da zu einem Überlaufen über die Grenze, wenn Liebhaberei oder Bequemlichkeit dazu trieben. Ein sprechendes Beispiel sind die Zustände in Kleinbasel nach Erbauung der Brücke, wo die Bewohner des jungen Fleckens statt der eigenen abgelegenen Pfarrkirche leichter erreichbare Gotteshäuser Großbasels besuchten, bis der Kirchherr 1255 eine Filialkirche neben den Brückeneingang baute. Was hier geschehen war, konnte sich überall und immer wiederholen; die Synode von 1434 beschäftigte sich damit, und noch 1502 kamen sämtliche Pfarrherren Basels zusammen, um ihr Benehmen bei solchen Fällen von Desertion gegenseitig zu ordnen.

Beachtung heischt namentlich das Parochieverhältnis St. Albans zum Domstift. Hier sind die Rollen vertauscht: gegenüber dem Kloster und seinen Pfarreirechten im Stadtteile zwischen St. Martin, dem Birsig und der Stadtmauer steht nicht etwa ein nachträglich entstandenes, sondern das uralte Stift der Kathedrale, einst im Besitze der Pfarrhoheit, bis ihm diese zu Ende des XI. Jahrhunderts durch den Bischof genommen und dem Kloster gegeben worden war. Wie über diesen Zustand schon um die Mitte des XIII. Jahrhunderts gestritten und zuletzt vom Papste dem Kloster Recht gegeben wurde, ist geschildert worden. Aber das Domstift fand sich ungern in die Lage, immer wieder lebte der alte Zank auf. Unleidlich war zumal den Domkaplänen, die mit dem Volke mehr in Berührung kamen als die Domherren, daß hier im Kerne der Stadt, rings um das Münster, diese Albanleute aus der Vorstadt die Gemeinde pflegten, die Sakramente spendeten, die Gebühren erhoben. Wir fragen zugleich nach den Bedürfnissen der Gemeinde selbst. St. Alban lag fernab und war Nachts durch den geschlossenen Schwibogen von seiner Altstadtgemeinde getrennt; aber auch innerlich hatte das Kloster etwas Abgewendetes; unter der intensiven Leitung Clunys blieb es den Basler Dingen vielfach fremd, ja einzelne seiner Brüder sprachen nur Französisch. Das Ganze war ein Zustand, der allen Satzungen und Sprüchen zum Trotz die Leute dem Münsterklerus in die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 633. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/112&oldid=- (Version vom 4.8.2020)