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Arbeit machte, so übersehen wir auch nicht, wie ihnen unter dem Einfluß jedes neuen nüchternen Tages, der Erfahrungen und der Erfolge die alte Lauterkeit des Wesens zerging. Was den Pfarrern Einbuße war, erfreute sie als Ruhm, als Machtzuwachs und namentlich als Einnahme.

Aber es waren Glieder einer und derselben Kirche, die sich bekämpften, und die Arbeit der Mönche hatte das gleiche Ziel wie die der Kleriker. Die Kirche als Ganzes konnte daher dem Konflikte nicht einfach zusehen; sie wünschte, ihn unschädlich zu machen. Sie tat es auf Kosten der Pfarrei, um des unwiderstehlichen Bedürfnisses der Gemeinde willen. Nach der Gährung der ersten Jahrzehnte und einer 1281 durch Papst Martin IV. versuchten grundsätzlichen Ordnung schuf Papst Bonifaz VIII. im Jahre 1300 das Recht, das fortan zu gelten hatte: in der Hauptsache Freigebung der Predigt sowie der Sakramente Beicht und Begräbnis an die Mendikanten; doch sollte in der Stunde der Gemeindepredigt die Predigtfreiheit nicht gelten und für Gewährung des Beichtsakraments der Konsens des Gemeindepfarrers erforderlich sein; beim Begräbnisse war ein Teil der Gebühren und Opfer zu vergüten.

Nach diesem Rechte sollte fortan auch in Basel gelebt werden. Aber so viele Lebensinteressen waren getroffen, so viel Raum zu Deutung des Rechtswortes und zu Willkür in seiner Anwendung war gegeben, daß immerzu gestritten werden konnte. Daher die zahlreichen Mandate der Päpste für Basel, die zahlreichen Manifeste der Bischöfe. Bischof Peter tat 1303 dem gesamten Klerus kund, daß Niemand die Augustiner daran hindern solle, das Wort Gottes zu predigen und Beichte zu hören. Dasselbe verfügen für die Prediger Bischof Otto 1307, für die Barfüßer Bischof Gerhard 1313, für die Augustiner Bischof Johann 1336 und 1343. Weitere Verfügungen gleicher Art folgen. Ihre Wiederholung zeigt, daß den Mendikanten ihr Recht unaufhörlich bestritten wurde; aber zugleich auch, wie unabweisbar und dauernd das Verlangen der von den Pfarrern vielfach verwahrlosten Menge nach der Predigt und dem Beichtstuhl gerade dieser Klosterleute war. Wir sehen einzelne Pfarrer den Mönchen in den Weg treten; sofort greifen der Bischof oder sein Offizial ein, verhelfen den Mönchen zur Ausübung ihres Rechtes und befehlen Jenen, öffentlich von der Kanzel ihr Handeln als irrig zu erklären und zu widerrufen. Rückhaltlos sagt Bischof Johann dem Klerus seine Meinung, daß die Klosterbrüder die Mitarbeiter der Pfarrer und Mitträger ihrer Mühen seien.

Eine noch stärkere Begünstigung der Mönche schien kommen zu sollen infolge eines Erlasses des großen Mendikantenfreundes Sirius IV. im Jahre

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 637. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/116&oldid=- (Version vom 4.8.2020)