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wurde sie zu einer solchen des Gemeinwesens; an Stelle des Gegensatzes Weltklerus – Kloster trat formell nur noch der Gegensatz Pfarrkirche – Pfarrkirche. Diesen Kirchen aber konnte die Institution des letzten Abschiedes nicht zuwider sein, da ja zwischen ihnen die Gegenseitigkeit einen Ausgleich schuf, während die Klöster darin ohne Weiteres eine Schädigung ihrer Interessen sahen.

Im Februar 1486 erschienen die Pfarrherren der sämtlichen städtischen Parochieen, unter ihnen Männer wie Heynlin und Surgant, vor dem Rat und taten „der sepultur halb ir anbringen“. Man verhandelte, und schließlich fand der Rat den Weg zu einer Regelung.

Er anerkannte im Prinzip das Recht der Pfarrei, den zwingenden Begriff der Gemeinde, die Billigkeit einer Lösung dieses Bandes im Falle von Bestattung außerhalb der Gemeinde. Aber von der Präsentation, dem Verbringen der Leiche zum ersten Totenamt in die Heimatkirche, wurde nicht mehr geredet und nur die diese Handlung ersetzende Geldabgabe zugestanden, zu Vermeidung jeder Willkür und Erpressung unter Aufstellung einer Taxe; die Erben des Toten sollten je nach seinem Stand und Vermögen eine bestimmte Summe als letzten Abschied an die Heimatkirche zahlen.

Auf dieser Grundlage, wobei der alte Akt feierlicher Aussegnung mit begleitenden Opfern und Gaben zu einer tarifierten Zahlung ohne jeden sonstigen Vorgang wurde, kam am 6. Juli 1490 ein Vertrag zwischen den Kirchherren und der Stadt zu Stande; am 30. August 1491 erhielt er die päpstliche Bestätigung.

Es ist aller Beachtung wert und eines der stärksten Zeugnisse des damals herrschenden Geistes, daß man in dieser so oft umstrittenen Sache jetzt eine Einigung suchte und fand lediglich im Kreise der Stadt und ihrer Pfarreien, die Mendikanten aber, die doch so heftig gestritten hatten und denen der Rat wiederholt zur Seite getreten war, an dieser Verständigung gar nicht Teil nehmen ließ, sondern ihnen das Resultat einfach zu wissen tat mit dem Befehle, ihrerseits danach zu handeln. Als sie sich über dies Verfahren beschwerten, ließ ihnen der Rat antworten, es sei in bester Meinung geschehen und keine Verletzung der Ordensrechte.


Um die Pfarrkirchen her breiteten sich die Gemeinden, deren jede im Verhältnis zur Kirche ihre individuelle Art hatte. Am reinsten erkennbar ist diese bei den mit keinem Stift oder Kloster verbundenen Stadtkirchen.

Zu St. Martin wohnte in den paar Edelhöfen auf dem Kamme des Kirchhügels und in den dichtbevölkerten arbeitsamen Gassen zu seinen Füßen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 642. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/121&oldid=- (Version vom 4.8.2020)