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die Gemeinschaft von „St. Martins Untertanen im Kilchberg“, und die in diesem Kreis eine Rolle spielenden Krämer und Kaufleute bestimmten die ruhige geschäftsmäßige Leitung des Kirchenwesens mit seinen Statuten und seiner Finanzordnung.

Ganz anders zu St. Theodor. Hier bestand keine führende Klasse dieser Art unter den Kirchspielleuten. Sondern die Gemeinde selbst als Gesamtheit trat für die Kirche ein, mit einem Pleban an der Spitze, der viel mehr bedeutete als sein Amtsbruder drüben. Das spezifische Kleinbaslertum, die Einheitlichkeit und Isoliertheit dieses Gemeinwesens äußerte sich auch hier. Kleinbasel lag nicht im beengenden Ganzen einer Bischofsstadt, sondern war wirklich eine Landgemeinde, ein Städtlein, in dem der Pfarrer der Erste und der geistige Herrscher sein und die Gemeinde mit unmittelbarem Eingreifen die Kirche als ihre Kirche pflegen konnte.

Sodann St. Ulrich, mit merkwürdiger Eigenart. Die Kirche, nicht in ihrer Parochie, sondern in derjenigen von St. Alban und mitten in der Herrlichkeit der Münsterwelt gelegen, war Pfarrkirche für die abgelegenen Vorstädte zwischen St. Alban und St. Leonhard samt der Stadtflur und zwei Dorfbännen. Sie war die Kirche der kleinen Leute; Rebgärtner Schäfer Hafner Weber usw. waren ihre Pfleger und Donatoren, in seltsamem Kontraste zum Kirchherrn, welcher der Dompropst, also der vornehmste und mächtigste Geistliche der Stadt war.

Aber von Reiz ist, zu sehen, wie die Gemeinden sich aktiv an der Leitung der Pfarreien zu beteiligen vermögen.

Zunächst beim Bauwesen. Neben dem für Bestreitung der Bau- und Unterhaltskosten überall ausgesonderten Teile des Kirchenvermögens, der Fabrik, waren im Notfalle die Parochianen baupflichtig, und ihre Vertreter wirkten daher als Pfleger oder Fabrikmeister bei der Verwaltung jenes Fabrikgutes mit. Solche Pfleger des Baus finden wir in allen Gemeinden, und ihre Tätigkeit wird uns am deutlichsten bei St. Leonhard gezeigt, wo sie, ausdrücklich als Vertreter der Kirchuntertanen bezeichnet, den in den 1480er Jahren beginnenden Bau leiteten, die Architekten bestellten, die Abrechnungen besorgten.

Aber diese Pfleger waren schon frühe nicht nur in Bausachen tätig; sie wirkten bei der Verwaltung und Verwendung des Kirchengutes überhaupt mit. Sie taten dies als Vertreter der Gemeinde und kraft des durch diese als Ergänzung ihrer Baupflicht irgendwie erworbenen Rechtes, in die Geschäfte der Kirche hineinzureden. Zu dieser Teilnahme auch an innerkirchlichen

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 643. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/122&oldid=- (Version vom 4.8.2020)