Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/131

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Dagegen findet sich keine Vorschrift hinsichtlich des Alters. Auch Unmündige konnten Zutritt finden, und oft genug erlebte das Münster jene jugendlichen Domherrlein, canonici juvenes, die noch in die Domschule gingen. In zahlreichen Fällen sehen wir den Vater, der seinen Sohn, oder den Vormund, der seinen Vögtling vor das Kapitel bringt; er unterhandelt mit diesem, schafft die Adelszeugen herbei, leistet dem Kapitel Garantie für allen Schaden, der aus der Aufnahme dieses Knaben erwachsen könnte.

Wer den Ausweis zu leisten vermochte, wurde Warter Exspektant, wenn zur Zeit keine Pfründe frei war; er erlangte kein Recht zu irgendwelcher Teilnahme an Chor oder Kapitel, wurde aber vorgemerkt und hatte dafür sofort zwölf Gulden zu bezahlen. Freilich wurden nicht alle Warter schließlich Domherren. Mancher wollte oder konnte nicht warten und erwarb sich entweder anderswo eine Pfründe oder suchte, die kirchliche Versorgung überhaupt aufgebend, sein Glück in der Welt.

War aber eine Domherrei durch Tod oder Resignation frei geworden, so konnte der Bewerber, sofern er den nötigen Nachweis leistete, die Pfründe erlangen, zunächst, wenn er nicht Warter gewesen war, sondern sich erst jetzt gemeldet hatte, unter Zahlung der zwölf Gulden, dann unter Erlegung einer Eintrittsgebühr, die ursprünglich zehn Gulden oder eine Chorkappe von diesem Werte betrug, 1450 aber auf vierundzwanzig Gulden erhöht wurde. Damit war er canonicus geworden, konnte Residenz nehmen und sich am Chordienste beteiligen, war aber noch nicht capitularis. Er hatte noch drei Jahre Karenzzeit durchzumachen d. h. die Erträgnisse seiner Pfründe wurden während dreier Jahre ihm vorenthalten und zum Teil für das Gnadenjahr und das Anniversar seines Vorgängers und das Universalanniversar aller Domherren, zum Teil für den Nutzen des Domstiftes verwendet. Erst im vierten Jahre und zwar neuerdings nach Zahlung von vierundzwanzig Gulden in die gemeinsame Kasse konnte er endlich in den Genuß seiner Pfründe eintreten. In den halben Genuß nur, wenn er die höhern Weihen noch nicht besaß, mit deren Besitz aber in den vollen Genuß, durch welche admissio, verbunden mit seiner Eidesleistung, er den Charakter eines vollberechtigten Domherrn, canonicus capitularis, mit Sitz im Chor und Sitz und Stimme im Kapitel erlangte.

Dies der normale Verlauf. Nebenher gehen die Fälle, in denen das Wahlrecht des Kapitels aufgehoben ist durch das kaiserliche Recht der ersten Bitte oder die päpstliche Provision. Aber auch bei diesen Fällen gelten, wenigstens in der später erkennbaren Zeit, der Adelsausweis und das ganze Aufnahmeverfahren mit Terminen Gebühren usw.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 652. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/131&oldid=- (Version vom 4.8.2020)