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Besetzungen von Kanonikaten durch den Kaiser kraft seines Rechts der ersten Bitte kamen nur selten vor: 1298 zu Gunsten des Hartung Münch, 1466 zu Gunsten des Arnold von Rotberg. Um so mehr machten sich die Provisionen der Päpste geltend.

Bei diesen sehen wir von ferne her eine mächtige Hand in die Rechte des Kapitels greifen, in natürlicher Anwendung der ganz unbeschränkten päpstlichen Gewalt. Das Verfahren war deswegen nicht weniger verletzend. Allerdings konnte es die gute Wirkung haben, daß es den Mißbrauch des Selbstergänzungsrechtes durchbrach; aber im Allgemeinen wird doch die Ansicht gelten müssen, daß das, was den Papst so handeln ließ, kaum je nur das Interesse des Bistums und Hochstiftes war, sondern meist eine ganz persönliche Rücksicht, ein Gunst- oder Gefälligkeitsverhältnis, Zureden und Empfehlung eines Prälaten oder hohen Herrn. Öfters mochten die Bischöfe von Basel selbst dem Papst einen Wink gegeben haben, um auf diesem Wege Männer ihrer Partei in das immer selbständiger werdende Kapitel zu bringen. Jedenfalls waren solche Vorfälle von stets neuen Intriguen und Zänkereien begleitet; diese Erregung begleitet die ganze Geschichte des Domkapitels, und immer wieder sehen wir neben den großen Weltkämpfen zwischen Kaiser und Papst, zwischen Papst und Gegenpapst, denen diese Ernennungen ja oft dienen mußten, den kleineren Kampf der autochthonen Kapitelsherren wider den Eindringling.

Im Einzelnen bleiben uns die Vorgänge meist verborgen. Jene Fremden, die im XIV. Jahrhundert durch den Papst zu Basler Domherren gemacht wurden, – Magister Gottfried von Kutelsowe 1309, Niklaus Graf von Mülhausen 1325, Konrad von Wildberg 1344, der Sohn des Grafen von Nellenburg 1357, Heinrich Spichwarter 1358, Magister Johannes Greci 1373 usw., – erscheinen nie in den Kapitellisten; sie waren Kanoniker, die ihren Kollegen kaum je zu Gesichte kamen, aber jahrelang den Berechtigteren die Plätze sperrten. Näher sehen wir in diese Dinge erst hinein bei den heftigen Streitigkeiten, die der Papst durch seine Wahl des Liestalers Oswald Pfirter 1395 und des Baslers Johann Wiler 1421 erregte. Beide Male erhob sich das Domkapitel gegen diese Plebejer; beide Male aber nahm der Rat für sie Partei, und sie gelangten in der Tat zum Siege. 1427 dagegen blieb der vom Kapitel gewählte Anton von Hatstat Meister über den von Papst Martin providierten Konrad Wider, der allerdings nur zehn Jahre alt und, wie sein Gegner Hatstat behauptete, nicht adlig und auch gar kein Kleriker war.

Um die Mitte des XV. Jahrhunderts gewinnt dann das ganze Verhältnis unverkennbar geregeltere Formen. Wir beobachten die Wirkung des

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 653. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/132&oldid=- (Version vom 4.8.2020)