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Vertretung gegen außen und die Vermögensverwaltung zu, dem Dekan die Disziplin und Strafgewalt im Innern.

Eine Besonderheit dieses Stiftes ist, daß es sich an einer Pfarrkirche gebildet und damit Rechte und Pflichten pfarrlicher Besorgung einer Gemeinde erworben hat. Es ist Pfarrer in der Person seines Kustos, der aber diese Geschäfte nicht selbst versieht, sondern Vikare anstellt und Kapläne amtieren läßt. Es geschieht dies gemäß allgemeiner Übung und entspricht dem Interesse der Gemeinde selbst, wenngleich diese dadurch dem Kapitel entfremdet werden mag.

Unter diesem Kapitel stehen, auch hier zu St. Peter ihm an Zahl und Tätigkeit überlegen, die Kapläne. Sie haben vor Allem ihren Altarpfründen abzuwarten, daneben am Chordienste der Kanoniker teilzunehmen. Letzteres ist anfangs nur Pflicht der vier Chorpriester (des Pfarrhelfers, des Siegrists und der Kapläne U. L. F. und St. Nicolaus); aber schon 1330 haben sämtliche Kapläne diese Obliegenheiten der Chorpriester und müssen der Kapitelmesse sowie allen Horen beiwohnen. Hieran schließt sich das weitere Obligatorium der Teilnahme an den Prozessionen Memorienfeiern Gräberbegehungen. Auch in den Pfarreigeschäften erweitert sich die Befugnis, die zunächst nur jenen vier Chorpriestern zukam, auf die ganze Kaplanenschaft; jeder Kaplan ist gehalten und berechtigt, Beichte zu hören und Kranke zu besuchen. Die ursprüngliche Auszeichnung jener Vier dauert nur noch fort in ihrer Anerkennung als Elitegruppe, als assisii; sie sind die tauglichsten Kapläne und können als Vertreter der Chorherren gelten; ihnen liegt die Hauptbesorgung ob, sie haben der Reihe nach (in wöchentlichem Turnus) die Horen anzustimmen, sie sollen die Ersten und die Letzten im Chore sein.

So erhält man den Eindruck, daß das Stift seinen Beruf wesentlich durch die Kapläne erfüllt. Den zehn Chorherren gegenüber wirken sie schon als Masse. Wiederholt treten sie in der Zahl von einundzwanzigen, vierundzwanzigen usw. auf; eine Liste von 1529 nennt ihrer dreiunddreißig, während ein offizielles Verzeichnis des Bistums einundvierzig nennt.

Das Kapitelgut ist gesondert vom Vermögen der Kaplanenschaft, und außerdem bestehen hüben und drüben die Sondergüter der einzelnen Präbenden. Ohne Weiteres leuchtet auch ein, wie zahlreich hier die Anlässe zu Streit sind. Die Frage des Bezuges der Opfer Gefälle Präsenzgelder beherrscht das ganze Verhältnis, und wiederholt suchen Statuten der Unzufriedenheit und Mißgunst zu begegnen, den Zank gerecht zu schlichten.

Gegen außen erscheint gleichwohl die aus Chorherren und Kaplänen gebildete Stiftsgeistlichkeit als Einheit. Sie zusammen repräsentieren das

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 671. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/150&oldid=- (Version vom 4.8.2020)