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schwach im Kopf und auf das Lesen erpicht, obwohl es ihm schädlich war. Auch in der Karthause befaßte man sich, wohl vor allem zum Hausgebrauch, mit dem Einbinden von Büchern.

Ganz unzweifelhaft war es ein Problem für jedes Kloster, die Forderung des Daseins außer der Welt und ohne ihre Güter mit der Notwendigkeit des täglichen Lebens und mit der Sorge für den Lebensunterhalt zu verbinden. Aber auch hierüber hinaus noch mußte das Kloster in der Verbindung von Arbeit mit der vita contemplativa die Rettung seiner inneren Kraft und Gesundheit erkennen. Durch alle Formen und Qualitäten hindurch finden wir diese Klosterarbeit im Gange. An ihr Höchstes: die seelsorgerliche und die wissenschaftliche Tätigkeit, die Forschung, die Spekulation, die Schriftstellerei, kann hier nur erinnert werden.


Von dem im XIII. und XIV. Jahrhundert namentlich innerhalb des Franziskanerordens geführten Streit um die Forderung, daß nicht nur der einzelne Religiose, sondern auch Orden und Kloster selbst in vollkommener Armut leben und auf alles Eigen zu verzichten hätten, war schon die Rede. Der Wirklichkeit gegenüber behalf man sich, um den Grundsatz zu retten, zum Teil mit Fiktionen. Tatsächlich aber sehen wir bei allen unsern Klöstern eine durchaus zugestandene Vermögensnotwendigkeit und eine mehr oder minder ausgebildete Vermögensbesorgung in den Formen weltlicher Administration.

Ganz unvermeidlich mußte dieser Zustand auf das Verhalten des einzelnen Klostermenschen wirken, so bestimmt auch dessen Armutsgelübde lautete. Mit der Profeßleistung sollte das Vermögen des Professen an das Kloster übergehen; er sollte hinfort nicht mehr eigentums- und erwerbsfähig sein, nicht mehr fähig sein Rechtsgeschäfte abzuschließen, nicht mehr fähig sein zu testieren.

Daß eine solche Forderung allmählich leicht genommen wurde und unerfüllt blieb, ist begreiflich. Die Orden selbst waren sich der Bedeutung des Satzes durchaus bewußt und hielten offiziell an ihm fest. Was einst die Regel St. Benedikts vom Laster des Eigentums gesagt, kehrt wieder in Erlassen der Cluniacenser, und noch spät wenden sich die Ordensbehörden der Prediger heftig wider das detestabile et pestiferum vitium proprietatis. Es war aber ein Gebot, dem die Macht der menschlichen Natur und die tägliche Wirkung des Daseins entgegenstanden, sodaß man zu Kompromissen griff wie der im Predigerkonvent regelmäßig geschehenden Inventarisierung des von jedem Mönch besessenen d. h. ihm zu Gebrauch überlassenen Gutes.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 698. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/177&oldid=- (Version vom 4.8.2020)