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Der starken Gewissenhaftigkeit alter Zeit begegnen wir allerdings hie und da noch vereinzelt, so zu Barfüßern 1312, zu St. Leonhard 1313. Aber nur die Karthäuser erwiesen sich dauernd als die treuen Wächter jener Ideale. Wie Einer sonst vor dem Tode, so verfügte, wer in ihr Kloster treten wollte, letztwillig über seine Habe. Meist mit Erbeinsetzung oder doch wesentlicher Begabung der Karthause selbst; unter allen Umständen trat er besitzlos ein, um auch künftig nie mehr etwas zu erwerben. Seine Vermögensperson erlosch mit dem Mönchwerden.

Andern Klöstern brachte erst die Reform die strengere Gesinnung wieder. Die Augustiner z. B. vertraten bei einem Prozesse 1503 den Grundsatz, daß der einzelne Mönch nichts besitze und sein bisheriges sowie sein noch ausstehendes Vermögen dem Kloster gehöre. Den Klingentalerinnen wurde in der Reform wenigstens das Inventarisierungsverfahren der Prediger vorgeschrieben. Wie aber mit dem Armutgebot und mit dem Verzicht auf Haben und Genießen wirklich Ernst gemacht werden konnte, zeigt Konrad Pellikan, der noch im achtundvierzigsten Lebensjahre, nachdem er die Barfüßerkutte abgeworfen, die Münzen (Kronen Gulden Batzen usw.) kennen lernen mußte; er hatte während seines langen Klosterlebens solche Dinge nie in der Hand gehabt. „Ich war ein Bekenner der wahren Armut und entbehrte dennoch nichts“, sagt er.

Im Allgemeinen aber gewinnen wir den Eindruck, daß die Kirche eine ihrer ernstesten Forderungen einfach preisgibt.

Der einzelne Klostermensch besitzt und erwirbt. Besonders häufig zeigt sich uns dies in den Weiberklöstern und zwar das XIV. Jahrhundert hindurch in sämtlichen, dann nach Beginn der Reform beinahe nur noch im Klingental. Nach allen Seiten regen sich diese Nonnen, als Kapitalistinnen, als Eigentümerinnen von Häusern und Landstücken in Basel Weil Tannenkirch Eimeldingen Sulz Rufach usw., als Zinsherrinnen. Sie kaufen und verkaufen und fröhnen, sie erhalten Schenkungen und vergaben, sie machen mit ihrem eigenen Kloster Geschäfte, sie leihen Geld gegen Zins an Verwandte, bisweilen in hohen Beträgen, an den Rat der Stadt, an den Adel. Von Bischof Friedrich nimmt seine Schwester Klara im Klingental als Pfand für ihre Darleihen zwei silberne Becher, zwölf silberne Schalen und einen silbernen Stauf mit dem Familienwappen. Als 1437 die Klosterfrau Agnes zum Wind stirbt, beträgt ihr Nachlaß gegen zwölfhundert Pfund, darunter in einer Lade bar beisammen zweihundertzweiundachtzig Gulden.

Aktenfaszikel und Urkundenbündel zeigen uns, wie diesen vermöglichen Nonnen neben all ihrem Chordienst, zwischen all ihrer Askese noch Zeit

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 699. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/178&oldid=- (Version vom 4.8.2020)