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Steuererhebung, hat er ein Erbrecht, hat er die Gerichtsbarkeit. Es ist eine Fülle von Gewalt, aber kein lückenloses Ganzes. Da und dort ist der Bischof beeinträchtigt und eingeengt durch Eingriffe oder Rechte des Papstes und des Domkapitels, durch Exemtionen (der Ordenspersonen, der Konzilsleute), durch einzelne Patronatsrechte, durch Selbständigkeit von Stiftern und Pfarreien, u. dgl. m.

Der zwar reichen aber zersplitterten Bezeugung solchen Regiments gegenüber wird uns dieses in geschlossener Form und in einer bestimmten Richtung anschaulich gemacht durch die Nennung der Einnahmen des Bischofs. Solche sind: die Gebühren für Investitur mit Benefizien; die Absenzgelder, durch die Inhaber mehrerer Pfründen für die Dispens von der Residenzpflicht zu entrichten; die Kommissionsgelder, für die Bestätigung im Genuß einer widerruflich verliehenen Pfründe zu entrichten; die kathedralia, eine von den Pfründeninhabern bei den Synoden oder Visitationen jährlich zu entrichtende Huldigungsabgabe; die bannalia, durch Laien und Geistliche für Vergehen zu entrichtende Bußgelder; die ersten Früchte oder Annaten d. h. der Ertrag der ersten zwei Jahre nach einer Vakanz derjenigen Pfründen, die der Bischof verlieh; das Opfergeld d. h. eine Abgabe vom Kirchenopfer; die Zehntquart; die als collecta oder subsidium charitativum oft genannten Steuern der Pfaffheit der Diözese; der Nachlaß unehelich geborener und die Zahlung (ferto) vom Nachlaß anderer Geistlicher; die Kanzleigebühren Siegelgelder usw.

Die ganze Fülle dieser Bischofsmacht sehen wir getragen und vollzogen weniger durch den Bischof selbst als durch seine Beamten. Diese Beamtenschaft, die seit dem XIII. Jahrhundert immer stärker heranwächst, stützt zunächst das Bestreben des Bischofs, dem Archidiakon und dem Domkapitel gegenüber die Regierung wieder fester in die Hand zu nehmen. Sie führt aber, je zahlreicher und organisierter sie selbst wird, allmählich zur fast gänzlichen Ausschaltung der persönlichen Tätigkeit des Bischofs auf dem Gebiete des Kirchenregiments.

Hauptfiguren unter diesen Beamten sind der Weihbischof, der Generalvikar und der Offizial.


Der Weihbischof, Vikar in pontificalibus, trat anfangs nur gelegentlich, bei Verhinderung des Bischofs, in Funktion, und hiefür bediente man sich zunächst etwa eines am Ort anwesenden, aus dem nordöstlichen Missionsgebiet Preußen Lithauen usw. vertriebenen Bischofs. Später, als die Lage des Christentums in jenen Gegenden sich gefestigt hatte, griff man auf

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 710. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/189&oldid=- (Version vom 4.8.2020)