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sogar die Kundschaftsaufnahme in Sachen ab, die „zum Teil das Blut möchten antreffen.“

Wiederholt begegnet uns der Bischof in Ausübung dieser geistlichen Richtergewalt: er legt 1388 den Domherrn Franz Boll, 1411 die Domherren von Hirzbach und Schürin ins Gefängnis. Ebenso 1435 den Leutpriester zu St. Martin Konrad Brunmeister, der des Beichtmißbrauchs beschuldigt wird, und 1501 den an einem Mitkaplan sich vergehenden Alexander Veltkilch zu St. Peter. Näheres über das Verfahren wird uns aber nur ein einziges Mal mitgeteilt, im Falle des der Päderastie beklagten Münsterkaplans Stocker 1474: der Domdekan führt hier die Untersuchung bis zum Geständnis und übergibt dann den Delinquenten dem Bischof, worauf der Generalvikar das Urteil fällt (lebenslängliche Einkerkerung bei Wasser und Brot).


Der dritte Diözesangewaltige ist der bischöfliche Offizial. Er kann, wie erwähnt worden ist, gelegentlich als Verwaltungs- oder Regierungsbeamter funktionieren. In der Regel aber und vor Allem behandelt er im bischöflichen Hofgericht, in der curia Basiliensis, als Einzelrichter alle Klagen Geistlicher und gegen Geistliche, auch in Zivilsachen, und alle Streitigkeiten um kirchlichen Grundbesitz; sodann gewisse Delikte, wie Wucher und Meineid; weiterhin Ehesachen und Testamente und Zivilrechtssachen überhaupt. Neben der streitigen Gerichtsbarkeit besorgt er in weitem Umfange die notarielle Beglaubigung; die Kanzleisprache weist auf diese doppelte Funktion mit den Worten, daß der Offizial in seinem Richthause sitze „Sachen zu hören und Recht zu sprechen.“

Was diese Beamtung auszeichnet, ist vorab ihre Kompetenz in der ganzen Diözese. Das Hofgericht ist Forum nicht nur für die Bischofsstadt, sondern für ein weites Land ringsum. Im tausendfältig belebten Zusammenhänge dieses Gebietes mit der großen Stadt am Rhein ist diese Gerichtszuständigkeit nur ein einzelnes Lebenselement, aber welch ein bedeutsames. „Je und je und solange Jemand gedenken mag, haben wir Basler dies geistliche Gericht gebraucht und vor ihm das Recht gegeben und genommen gegen Alle, die im ganzen Bistum gesessen sind“, schreibt der Rat 1447. „Dieses Gericht ist jeweilen Jedem frei und offen gewesen, sodaß die Äußern die von Basel und die von Basel wiederum die Äußern daran vorgenommen haben.“ Der entlegenste Sundgauer und Jurassier steht sogut unter dem Zwange dieses Gerichtes wie der nebenanwohnende Basler; wie hier in der Stadt auf Burg, so amten der Offizial und seine

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 713. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/192&oldid=- (Version vom 4.8.2020)