Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/193

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Notare und die von ihm bestellten Kommissäre draußen im Bereiche des ganzen Bistums. Aber auch für die rechtsrheinische Nachbarschaft ist das Hofgericht auf dem Basler Münsterplatz ein viel aufgesuchter Ort: als Tribunal für Rechtsstreit und als Beurkundungsinstanz. In welchem Mähe das Gericht namentlich in der letzteren Beziehung, als großer zentraler Notariat, den Oberrheingebieten dient, zeigt neben vielem Andern der mächtige Vidimusband seines Archivs: der Adel und alle Klöster dieser Lande bringen ihre Urkunden, darunter die ältesten ehrwürdigsten Privilegien, zum Offizial nach Basel und sichern sie hier in beglaubigten Abschriften.

Charakteristisch sodann sind die Prozeßformen dieses Gerichts, ist die Geltung des kanonischen Rechts, ist die Verwendung der zuständigen Pfarrer zur Ladung vor Gericht und zur Exekution, ist namentlich der Gebrauch des Kirchenbannes als Strafe oder Zwang für Solche, die der Zitation nicht folgen oder dem Urteile sich nicht fügen.

Daß der Pfarrer unmittelbar als Gerichtsorgan dient und die Exkommunikation als Rechtsmittel, steht im Einklange mit der Natur dieses gerichtlichen Amtes, dessen Leiter der Offizial selbst stets ein Geistlicher ist; es mag auch solange und soweit angehen, als diese Judikatur im Bereiche kirchlicher Verhältnisse bleibt. Aber sie greift, wie wir wissen, weit über diesen Bereich hinaus, und damit wird auch dies „procediren mit dem Banne“ trotz allen Vorschriften der Kirche gegen Mißbrauch zur beängstigenden Plage und zur Anstößigkeit.

Als Offiziale treffen wir 1306 und 1316 Domherren; auch einige spätere Offiziale (Boll, von Laufen, dann wieder Oeglin und zum Luft) gehören dem Kapitel an. Dabei handelt es sich bezeichnenderweise stets um Bürgerliche, wie überhaupt der Offizial durch seine Stellung in der Organisation vom Domkapitel entfernt und auch sozial dem übrigen Beamtentum angeglichen ist. Aber dieser Mangel äußerer Vornehmheit wird wettgemacht durch persönliche Auszeichnung. Nicht nur im Gedanken an die großen Juristen Konrad Elie von Laufen und Heinrich von Beinheim, die 1391–1393 und 1430 –1435 als Offiziale genannt werden, sondern auch bei ihren Vorgängern und Nachfolgern im Amte – Heinrich von Sursee, Franz Boll, Peter Brenner, Johann Ner, Laurenz Kron, Matthäus Müller, Bernhard Oeglin, Arnold zum Luft – haben wir anzunehmen, daß lange Zeit hindurch das Beste baslerischer Jurisprudenz hier an der bischöflichen Kurie zu finden gewesen sei.

Was vom Offizial gilt, kann auch von seinen Beamten gesagt werden. Es ist ein großes Personal beisammen: Siegler Fiskal Notare Advokaten

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 714. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/193&oldid=- (Version vom 4.8.2020)