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Prokuratoren Pedellen proclamator cancellator taxator registrator Briefträger Briefträgerinnen Matronen. Wie schon im XIII. Jahrhundert die Prokuratoren und Notare fast durchweg Magister heißen, so finden sich solche Titel der Gelehrsamkeit auch in den folgenden Zeiten. Was dazu tritt, sind die Zeugnisse der Tätigkeit der jurati curie selbst: Tausende von Urkunden, zahlreiche Protokolle und Akten. Das Ganze ein Kreis von Kanzleipraktikern, die in Schrift und Formel bewandert sind, das Recht kennen und Jeden zu behandeln wissen.

Das bischöfliche Gericht hat sein Haus auf Burg und nimmt Teil an der Größe und Weihe dieses Bezirkes. Es ist das über der Stadt thronende, das „obere“ Gericht, die curia venerabilis.

Aber es ist nicht ohne Konkurrenz. Seine Judikatur stößt zusammen hier mit derjenigen des Domdekans und derjenigen des Archidiakons, dort mit der weltlichen des Schultheißen.

1. Über das Verhältnis des bischöflichen Hofgerichts zum Gerichte des Dekans erfahren wir nichts.

2. Die Kurie des Archidiakons oder Erzpriesters ist zuständig in dem schon genannten Bezirke der Stadt und der sieben freien Dörfer und kann daher hier als „inneres“ Gericht mit dem „äußeren“ Gerichte des Bischofs kollidieren. In Wesen Organisation Verfahren, sachlicher Zuständigkeit, Beamtenschaft ist sie diesem Gerichte gleich oder ähnlich. Aber sie tritt in der Überlieferung zurück und scheint in der Tat das schwächere Institut zu sein und dem über die weite Diözese herrschenden bischöflichen Offizial auch in dem nahen, an Geschäften und Streit so reichen Leben ihres städtischen Bezirkes die Vorhand zu lassen. Von ihren Urteilen kann an das bischöfliche Gericht appelliert werden.

Sie residiert neben diesem auf Burg, und wir hören nur selten von Streit der beiden Tribunale. Wiederholt gehen Beamte des einen Hofes zum andern über; Mathias von Neuenburg ist 1327 zugleich Prokurator, Konrad Anenstetter 1399, Johann Lingk 1486, Werner Beyel 1513 zugleich Notar sowohl hier als dort; 1352 und 1364 handeln urkunden und siegeln die Offiziale der beiden Kurien gemeinsam in derselben Sache.

3. Das Verhältnis der kirchlichen Gerichtsbarkeit zur weltlichen wird andernorts zu betrachten sein.

Zum Wesen dieses bischöflichen Regimentes gehörte, daß die Gebiete der weltlichen und der kirchlichen Herrschaft sich nicht deckten. In den sundgauischen Teilen der Diözese galt andre Fürstlichkeit, während hinwiederum die Residenz Pruntrut und die rechtsrheinischen Herrschaften in fremden

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 715. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/194&oldid=- (Version vom 4.8.2020)