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vor dem diese Schuldsachen richterlich erledigt werden könnten. Aber der Bischof gab diesen Kommissär nicht, sodaß Markgraf und Rat 1490 die Sache auf andre Weise regelten: verbriefte Schulden sollte der Kreditor wie bisher einklagen können, wo ihm beliebte; für Handschulden dagegen sollte der Markgraf einen eigenen Richter nach Basel setzen.

Diese Bestellung eines markgräflichen Tribunals in Basel sah allerdings einem seltsamen Eingriff in die städtische Gerichtshoheit ähnlich. Faktisch aber geschah sie im Interesse der Basler selbst und war in ihrer Wirkung ein Analogon zum geistlichen Gerichte und eine Konkurrenz für dieses, indem der markgräfliche Richter die Befugnis hatte, alle Klagen von Baslern um Handschulden gegen Markgräfler anzunehmen und die Schuldner mit Gerichtszwang nach Basel zu laden. Es geschah dies zu den alle vierzehn Tage im Markgräfischen Hof an der Augustinergasse stattfindenden Sitzungen. Kein Geringerer als Sebastian Brant hatte das Amt inne; im April 1493 legte er es nieder, und wir erfahren nicht, wer sein Nachfolger wurde und wie lange dieses Gericht bestand. Für andre Sachen dauerte die Jurisdiktion des Konstanzer Offizialates in alter Weise fort.

Neben dem Konstanzer Gericht und seiner Filiale in Kleinbasel war auch das Gericht des Basler Offizials ein viel aufgesuchtes Forum für rechtsrheinische Geschäfte.

Wie Manches band außerdem noch die Mindere Stadt an die Kirche Großbasels! Der Konstanzer Bischof verhieß 1465 allen Gläubigen Kleinbasels und der ganzen Diözese Ablaß, die den Predigten in der Basler Kathedrale beiwohnten, und im großen Streite wegen des ultimum vale machte St. Theodor gemeinsame Sache mit den Großbasler Kirchen. Man war auf einander angewiesen und half sich. Als die Kleinbasler Müller und Bäcker 1408 wider die Gerichtsbarkeit des Basler Brotmeisters rebellierten, ließ sie der Bischof von Konstanz durch den Theodorspfarrer zum Gehorsam auffordern, unter Androhung schwerer Strafen. Die Mendikanten und die Leonhardsherren von Basel hatten Erlaubnis, auch in der Konstanzer Diözese zu predigen, Beichte zu hören, Bußen aufzuerlegen; die Kollekten für den Basler Münsterbau wurden auch dort zugelassen und von oben herab gefördert. Der Basler, nicht der Konstanzer Weihbischof konsekrierte 1405 die Heiligkreuzkapelle vor dem Riehentor, 1408 die St. Annakapelle vor dem Bläsitor, 1488 die Karthäuserkirche, 1514 die Allerheiligenkapelle. Alles dies, weil er zur Hand und den Leuten ein wohlbekannter Nachbar war. Denn geradezu als Last und Nachteil empfanden es z. B. die Karthäuser, daß sie für die Ordination ihrer Novizen, die Konsekration ihrer Gebäude,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 717. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/196&oldid=- (Version vom 4.8.2020)