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Die Beispiele ließen sich aus den Akten Basels verhundertfachen und würden auch dann nur Fragment sein. Einzig die Registratur der Kurie selbst gibt ein Bild von der ungeheuren Gedrängtheit und Ausdehnung dieses Verkehres; sie wird unmittelbare Quelle lokalster Forschung; sie macht uns mit Menschen und Dingen unserer Stadt bekannt, von denen wir sonst nichts vernehmen. Der kleinste Kaplan kann den großen Augenblick einer Berührung mit diesem Zentrum der Kirche erleben und sichert dadurch sein Andenken. Denn die Kurie ist zu Allem berechtigt und kümmert sich um Alles; dieses Weltregiment arbeitet mit dem Eifer der eine Diözese leitenden bischöflichen Kanzlei. Wobei natürlich die Geschäfte in einer Weise anschwellen, daß ein Übersehen der Masse und eine ruhige Behandlung des einzelnen Falles kaum mehr möglich ist und verdrießliche Fehler begangen werden wie die gleichzeitige Providierung mehrerer Personen auf dieselbe Pfründe, u. dgl. m.


Rom war nicht nur die Quelle aller kirchlichen Gewalt und aller kirchlichen Rechte. Es erschien auch als die Schatzkammer des Heils und der Gnade. Jeder Gläubige wurde zu dieser hingewiesen. Jede Pfarrei war ihr Vorhof. Aber Rom war auch seit Alters das Haupt der Welt; neben der Macht der curia Romana waltete die ungeheure historische Wirkung der ewigen Stadt.

Lebendig, beinahe körperlich zeigt sich uns dieses Verhältnis zu Rom in der Romfahrt.

Das Reinste und das Erhabenste, zugleich auch das die größten Massen Umfassende war jedenfalls die spezielle Romandacht, die Sehnsucht der Rompilger. All die Jahrhunderte hindurch stiegen Basler über die Alpen, diesem Ziele zu; unter ihnen zahlreiche Kleriker, denen das Gebet bei den Apostelgräbern und das Anschaun des heiligen Vaters noch mehr bedeutete als den profanen Weggenossen. Auch Klosterleute zogen hinüber; so groß war der Trieb bei den Predigermönchen, daß der Orden Maßregeln gegen die vagi discursus fratrum in Romanam curiam treffen mußte. Auch an die sich hinbettelnden Scholaren, an Gelehrte Humanisten Künstler haben wir zu denken. Die Welt lag Rom zu Füßen, und die Beschwerden der weiten Reise hielten nicht zurück. Als ein Kaplan des Klaraklosters 1463 auf dem Wege nach Rom das Gebiet des im Kirchenbanne stehenden Herzogs Sigmund betreten hatte in der irrigen Meinung, der Bann sei aufgehoben, verfiel auch er der Exkommunikation; er mußte in Rom absolviert werden. Den Übeltaten gegenüber, die namentlich in

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 723. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/202&oldid=- (Version vom 4.8.2020)