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(Meister Mathis 1374, Helmut Durlach), ein Domherr oder der Peterspropst auf den Weg machen, und außerdem hatte der Rat jeweilen noch ständige Agenten unter den römischen Kurialen selbst. Unverkennbar bildete sich dabei eine Praxis auch hier im Rathause; man lernte, wen man in jedem Falle zu schicken, wie man zu schreiben, wie viel Geld man daran zu setzen habe; mit der Fertigkeit erwarb man auch die Geduld, die dazu gehörte, an der Kurie eine Sache zu führen.

Endlich die Vielen, die in ihren eigenen Geschäften zum Papste gingen. Die Supplikanten, die Glücksjäger, die Kläger und die Beklagten. Diejenigen, die eine Pfründe oder ihr gutes Recht, einen Gnadenbrief oder eine gerichtliche Verfügung suchten. Aber wie Manches war dabei durch sie zu überwinden. Eine Menge Menschen wollte begrüßt geehrt bezahlt sein, und der Ankommende durfte sich freuen, wenn er in der Weltstadt Landsleute fand, die Ort und Menschen, Sprache und Gewohnheiten, Mittel und Wege schon kannten und dem Neuling halfen. Zu Avignon in der Palastgarde stand schon 1350 Hüglin von Schönegg; in Rom waren ansässig 1430 der Bäcker Nicolaus von Basel, 1485 der Bankier Herman Gatz usw. Die beste Förderung war natürlich bei Denen zu finden, die ein Amt an der Kurie selbst, einen Platz im Vorzimmer und am Tisch eines Prälaten hatten: bei den Prokuratoren Johann und Pantaleon von Basel 1326, 1341–1350, Johann Phunser 1460 f., Lux Conrater 1488 f. usw.; Kommensalen des Kardinals von Santa Sabina waren die Basler Heinrich Müller 1454, Balthasar Spitz 1455, Marcus Decker 1457. Alle diese in Rom beschäftigten Basler hatten zur gleichen Zeit auch Pfründen zu Hause und kehrten heim, wenn sie es zu einer Propstei oder einem Dekanat gebracht hatten. Wechselvolle Existenzen, deren sich uns z. B. in dem vielgenannten Ciriacus Leckstein eine sehr lebendige zeigt: als Vikar von Fritzlar kommt dieser 1443 ans Konzil, wird Basler und ist seit 1450 beim Petersstift Chorherr; aber hier anzutreffen ist er fast nie; er hat auch eine Chorherrnpfründe zu St. Victor in Mainz; eine in Basel ihm angetragene Universitätslektur lehnt er ab und geht nach Rom, wo er als Abbreviator und Notar lebt und die Geschäfte des Basler Rates besorgt; dort stirbt er auch.

Glücklich, wer einen solchen Helfer findet. Denn mühselig und langsam geht das Geschäft vorwärts. Wer irgend etwas sucht, hat sich stets aufs Neue zu melden, kein Bescheid wird zugefertigt, er muß abgefordert werden. Der Bewerber oder Prozessierende hat, wenn er nicht persönlich anwesend ist, seinen Sachwalter bestellt, und dieser gewinnt sich einen offiziellen

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 725. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/204&oldid=- (Version vom 4.8.2020)