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die Reinacher, die Binninger, die von Häsingen Egringen Fischingen Riehen Herten usw. mit Kreuzen und Fahnen, in feierlichen Prozessionen, und besuchen die Kirchen Basels. Während des ganzen Jahres aber dauert die Pilgrimschaft zu den großen Gnadenörtern der Christenheit; bald vereinzelt, bald in dichten gesammelten Schwärmen ziehen viele dieser Fremden „auf Gottes Fahrt“ hier durch und Manche rasten hier, um auch die Basler Heiligtümer zu verehren. 1401 stiftet ein englischer Pilger eine Jahrzeit zu St. Martin; 1412 wird einem solchen Engländer beim Gottesdienst im Münster sein Bogen gestohlen; 1451 kehrt Herzog Arnold von Geldern auf der Jerusalemfahrt in der Karthaus ein. Es ist das nie ruhende Leben auf dieser Basler Pilgerstraße, das dem Siechenhause draußen an der Brücke und dem Brunnen in der Vorstadt Name und Schutzpatron gibt, die Gasthauszeichen der Muschel, des Pilgerstabs u. dgl. erschafft, die Herbergen füllt, den Rheinschiffern Wirten Wechslern usw. Arbeit und Verdienst bringt.

In gleicher Weise vom Gefühl einer tiefen Zusammengehörigkeit getragen sind die Kollekten. An ihrer Spitze die regelmäßig sich wiederholenden Gabensammlungen des Hospizes auf dem Großen St. Bernhard und des Antonierordens; der Bote des letztern erhält jeweilen einen Beitrag auch aus der Kasse des Rates. Aber auch der Hospitaliterorden vom Heiligen Geist und St. Veltins Spital in Rufach haben ihre anerkannten Kollekten, die selbst neben städtischen Sammlungen, z. B. derjenigen für den Neubau von St. Leonhard 1489, betrieben werden dürfen. Andre „Bitter“ werden nach Möglichkeit ferngehalten oder abgewiesen; aber sie kommen immer wieder. Auch die Patentgebühr, die der Bischof von den Kollektanten erhebt, hält sie nicht ab. St. Eustasius im lothringischen Wittersdorf (Vergaville), die Minoriten in Breisach, das Wendelinshospital in Zabern, das Augustinerkloster Autrey in der Diözese Toul, das Benediktinerkloster St. Johann zu Malherstorf in der Diözese Regensburg usw. usw. suchen Basel heim; mit Bettelbriefen und oft mit absonderlichen Reliquien sind diese Quästionierer ausgerüstet.

Viele, zum Teil entlegene Klöster (St. Gallen Reichenau Einsiedeln Payerne St. Urban Engelberg Muri Wettingen usw.) haben nahe bei Basel Güter und Niederlassungen, manche in der Stadt selbst ihre Höfe. Sie bringen die Erscheinung andrer Orden (Cisterzienser Prämonstratenser Pauliner usw.) neben die schon ansässigen; sie zeigen neue Formen, aber denselben Geist.

Doch dies ganze, zur Not in Gruppen zu fassende Wesen wird weit überflutet durch die unausgesetzte Bewegung Einzelner. Großes und Geringes, Fernes und Nahes, Geistiges und Niederes verbinden sich dabei,

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 733. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/212&oldid=- (Version vom 4.8.2020)