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Aber was hier Bürgerrecht hieß, war kaum viel mehr wert als die Schutzgenossenschaft. Schon das Schwanken der Bezeichnungen zeigt, daß das Verhältnis selbst nicht bestimmt war. Auch die ausdrückliche Aufnahme des Albanklosters ins Bürgerrecht 1382 besagte nur, daß das Kloster in des Rates „Hilfe Schirm und Sicherheit“ ausgenommen werde; höchstens daran ist zu denken, daß diese Bürgeraufnahme geschah als Entgelt für die Abtretung des Vorstadtgerichts, und daß das Kloster nun als Bürger das nach Preisgabe dieses Forums wünschbare Recht besaß, jedes andre Gericht als das der Stadt ablehnen zu können; ein Verzicht auf das klerikale Gerichtsprivileg dagegen, wie dann 1525 bei der Bürgeraufnahme der Leonhardschorherren geschah, war nicht damit verbunden.

Verschieden von diesem Bürgerrechte ganzer Gemeinschaften war dasjenige einzelner Kleriker. Hier ist an die tatsächliche Ausübung der bürgerlichen Rechte und Pflichten zu denken, soweit der geistliche Stand sie zuließ, und an ein Preisgeben des klerikalen Sonderrechts, an ein Übertreten in den Kreis städtischer, der Kirche oft entgegenwirkender Interessen, sodaß das Statut des Domkapitels 1475, das den Kaplänen die Annahme von Bürgerrecht und Zunft untersagte, wohl begreiflich ist. Daß zu Beginn des XV. Jahrhunderts auffallend viele Geistliche sich als Bürger aufnehmen ließen, kann nur aus Zuständen des Bistums und der Kirche unter Bischof Humbert erklärt werden; die Prokuratoren des Hofgerichts wünschten das Bürgerrecht ausdrücklich, um beim Rate Schirm und Handhabe zu finden wider diesen Bischof.

Wichtig aber ist zu sehen, wie die Schutzherrschaft und Kastvogtei des Rates ihn zu sehr spürbarem Eingreifen, namentlich den Klöstern gegenüber, führt. Er übt Aufsicht und Kontrolle durch Pfleger. Er wahrt gelegentlich die Interessen des Klerus auch bei innern Angelegenheiten, z. B. 1505 hinsichtlich der Amtsdauer der Prioren und Äbtissen der dem Predigerorden angehörenden Konvente. Da die Basler Klöster 1492 im Sundgau, St. Klara 1506 im Breisgau besteuert werden, verwendet sich der Rat für ihre Befreiung.

Der obrigkeitlichen Behütung gegenüber steht das Unterworfensein der Behüteten und ihr Gehorsam; wobei freilich der Rat keine Strafen gegenüber unbotmäßigen Geistlichen zur Verfügung hat, sondern nur Zwangsmittel wie Sperrung des Marktes, der Mühlen, der Backöfen usw. Eine bemerkenswerte Kleinigkeit ist, daß der Bischof und die Klöster in Anerkennung des Schutzes, den die Stadt bietet, jährlich auf Neujahr den Ratsknechten ein Trinkgeld geben. Und im Kirchengebete betet der Pfarrer auch für die werte Stadt Basel, für die Häupter und den ganzen Rat.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 736. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/215&oldid=- (Version vom 4.8.2020)