Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/224

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zu ihr Flüchtenden vor der Todesstrafe zu schützen. Daher sie Mördern Ketzern u. dgl., zur Konzilszeit auch den an Konzilsleuten sich Vergehenden, das Asyl verweigerte, in den übrigen Fällen aber die Auslieferung der Schutzsuchenden an die Verfolger nur vollzog gegen das Versprechen, Jene nicht an Leib und Leben zu strafen. Hienach konnte das Asyl theoretisch ein dauerndes sein; tatsächlich war seine Hauptwirkung, daß es dem Verfolgten Gelegenheit gab, mit den Verfolgern über Strafmilderung usw. zu unterhandeln.

Wie nun die Asylrechtslehre der Kirche und die Praxis der städtischen Behörde sich auseinandersetzten, ist uns in mannigfaltiger Überlieferung gezeigt.

Wir sehen als Asyle dienen die Martinskirche, die Klöster St. Alban Augustiner Barfüßer Klarissen Klingental, den Bläsihof, das Deutschordenshaus, das Johanniterhaus. Das letztere scheint das beliebteste und am häufigsten gebrauchte Asyl gewesen zu sein, wohl seiner Lage wegen, die ein Entrinnen erleichterte. Enea Silvio nennt dies Haus als die einzige ihm bekannte Basler Freistatt; um 1450 hatte sich der Rat über den Mißbrauch zu beklagen, der mit diesem Asyl getrieben werde, da vom Gericht arrestierte Güter bei Nacht und Nebel dorthinaus geschafft würden und Weiber ihren Ehemännern das Gut dorthin verschleppten usw.

Nicht die ganze Liegenschaft des Klosters usw. hatte Asylrecht, sondern nur soweit sie geweiht war. Der Krautgarten der Barfüßer z. B. konnte nicht mehr als Asyl gelten; aber im Klingental stand schon im Vorhofe bei den Mühlen, neben dem Eingang, eine Säule, und wer diese erfaßte war sicher, obgleich er noch nicht auf geweihtem Klosterboden stand.

Der Rat achtete die Asyle; wie seine Häscher einmal ins Klingental eindrangen, um geflüchtete Übeltäter zu suchen, anerkannte er ausdrücklich, gefrevelt zu haben. In andern Fällen, da er so handelte (1468 beim Hinaustragen der Frauenwirtin Katharina aus dem Johanniterhause, 1486 beim gewaltsamen Wegführen Hans Webers aus dem Chore von St. Martin während des Hochamtes, 1519 bei der Festnahme Mathis Heckels im Asyl), war er im Rechte, weil es sich um Mörder und Verräter handelte, „die keine Freiheit haben sollen.“

Wo der Rat nicht in solcher Weise eingreifen konnte, begnügte er sich mit Bewachung des Asyls und bezeichnete dies Verfahren gegenüber den Protesten der Kirche als sein altes Recht. Es konnte dazu dienen, Asylinhaber und Flüchtlinge zu ermüden; bis ins Innere des Asyls schickte der Rat zuweilen die Stadtknechte und ließ sie dort dem Verfolgten nicht von der Seite gehen, bis er sich freiwillig, auf Gnade des Rates, ergab. Freilich

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 745. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/224&oldid=- (Version vom 4.8.2020)