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Sie galten auch in den anderwärts gelegenen Domherrenkurien sowie in den Wohnungen der Geistlichen und der Bürger überhaupt. Eine Immunität und Freiheit des Münsterplatzes wirkte ursprünglich nur darin, daß Verwundung oder Tötung eines Klerikers, die hier geschah, nicht nur die Exkommunikation des Täters nach sich zog, sondern als Verletzung der Kirche galt und die Interdizierung der ganzen Bischofsstadt zur Folge hatte. Aber diese alte Auszeichnung des Münsterplatzes fiel mit der Zeit dahin, und später hatte auch die an einem andern Orte der Stadt verübte Tötung eines Klerikers das Interdikt zur Folge.

Völligen Ausschluß der weltlichen Gewalt finden wir nur für einen engern Bezirk des Münstergebietes bezeugt, nämlich für den vor dem Richthause des bischöflichen Offizials gelegenen und durch einen von der Ecke der St. Johannskapelle gegen die Galluspforte sich ziehenden Graben begrenzten Platz. Dies war der „begrif und circk, bifang“ des Gerichtshauses, ein wirkliches Immunitätsgebiet, seine Grenze das „greblin“ oder der „runs“. War ein Beamter des geistlichen Gerichtes disziplinarisch vom Gericht ausgeschlossen, so durfte er dem Richthause nicht näher kommen als bis zu diesem Graben. Unfugen unterstanden ohne Rücksicht auf die Person und nur um des Ortes willen dem geistlichen Gerichte, wenn sie „inwendig dem runse“ vorfielen. Außerhalb des Grabens, also schon auf dem Münsterplatze, lag das Gebiet weltlichen Stabes; wer hier Unfugen trieb, gehörte vor das weltliche Gericht; der Laie, der hier den Stadtfrieden brach, wurde durch den Rat bestraft.


Eigenartig stehen die kirchlichen Bauten im Stadtbilde, aber auch in der Baugeschichte der Stadt. Der profanen Baumasse gegenüber erscheinen sie als die Gehäuse einer unerschütterlich alle Befangenheit und jeden Wechsel des Daseins überdauernden Kraft, eines Lebens das nicht von der Welt ist. Geschaffen mit allen Mitteln Mächten und Künsten dieser Welt, aber in einer weit über sie hinauf verlangenden Gesinnung.


Kreuzsteine Wegkapellen Bildstöcke Kruzifixe umgaben rings die Stadt. An den Toren begrüßten fromme Bilder den Eintretenden. Überall im Innern waren Stätten der Andacht: Gemälde Statuen Kapellen Klostergebiete Kirchen.

Aber dieser ganze Reichtum erschien nie als genügend, nie als fertig. Die Arbeit für ihn füllt unausgesetzt die Jahrhunderte, der großen Zahl

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 748. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/227&oldid=- (Version vom 4.8.2020)