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dieser Werke wegen, sowie in Folge des steten Wachstums und Wechsels der Bedürfnisse; aber zu beachten ist auch die Langsamkeit, mit der gebaut wurde. Die großen Unternehmungen von Kirchenbau scheinen nie enden zu können, und neben ihnen geben die Kirchhöfe, die Stiftsgebäude und die Klöster, die Kapellen, die Sakristeien, die Kreuzgänge, die Gräber, die Altäre, der tausendfältige Schmuck, das unzählbare Beiwerk und Gerät immerfort und stets aufs neue zu tun.

Bei diesem Allem trat zur Tätigkeit der Kirche selbst eine unübersehbare Summe von Leistungen der einzelnen Gläubigen, in der Form gewöhnlichen alltäglichen Opfer- und Almosengebens oder spezieller Stiftungen und Spenden oder organisierter Kollekten. Prinzipiell sollte das Sammeln auf den Bereich der betreffenden Kirche sich beschränken; aber unaufhörlich griff es über diese Grenzen hinaus. St. Alban und St. Leonhard z. B. kollektierten 1357 für ihren Wiederaufbau im ganzen Bistum Basel; das Münster setzte stets auch die benachbarten Diözesen in Kontribution. Ablaßverheißungen erschienen jederzeit als die wirksamsten Hilfen bei diesem Heischen und Sammeln.

Das Ganze war vor Allem eine Sache der Devotion, die in solchen Werken ihr Höchstes vollbringen konnte. Nur daß zuweilen der Eifer größer war als die Kraft. Man begann einen Bau und brachte ihn kaum zu Ende; man mußte Pausen machen, um wieder Geld zu gewinnen. Als ein Beispiel dieser Art von Betrieb erscheint der über mehrere Jahrzehnte sich hinziehende Bau des Langhauses von St. Leonhard; und wohl im Blicke hierauf sah sich der Rat veranlaßt, 1515, als St. Elisabeth neu gebaut werden sollte, ausdrücklich vor solchem Liegenlassen zu warnen.

Der Frömmigkeit gesellten sich aber beim Kirchenbau auch praktische und politische Motive. Neben Donatoren und Baubruderschaften rührte sich schon zeitig die Kirchgemeinde, ja die Stadt selbst. Nicht nur das Bedürfnis trieb, weil die Gemeinde wuchs oder das gottesdienstliche Personal sich vermehrte, sondern auch der Stolz, die Baufreude, die Eifersucht auf andre Gemeinden oder Städte, das Verlangen sie zu übertreffen.

Die Beschaffung der Geldmittel und die Besorgung des Baus selbst geschah durch die spezielle Bauverwaltung, fabrica, die bei den meisten Kirchen bestand in der Eigenschaft eines kirchlichen Vermögenskomplexes mit juristischer Persönlichkeit; auf ihr lag die kirchliche Baupflicht. Aber weil im Fall ihres Ungenügens die Gemeinde als haftpflichtig galt, konnte sich schon früh eine Beteiligung dieser Gemeinde an der Fabrikverwaltung ergeben. Nicht überall. Das St. Petersstift hat, gleich dem Domstift, die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 749. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/228&oldid=- (Version vom 4.8.2020)