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Kirchenfabrik allein verwaltet, durch eines seiner Mitglieder als Bauherrn, und von Vertretern der Gemeinde ist bei ihm nichts zu hören. In andern Kirchspielen finden wir dagegen eine tätige Mitarbeit der Gemeinden an den kirchlichen Baugeschäften, die sogar so weit gehen konnte, daß die Gemeinde selbst den Bau der Kirche unternahm und durchführte; so zu St. Theodor 1422 f. und zu St. Leonhard 1489 f.

Am mächtigsten präsentiert sich uns die Bauverwaltung beim Münster, wo unter Aufsicht des Domkapitels die unmittelbare Leitung des Baus dem Fabrikmeister, einem der Domkapläne, übertragen war.


Die Situation der Kirchen im Stadtplane bezeugt uns, daß eine bestimmte höhere Absicht hauptsächlich bei den Pfarrkirchen waltete; sie stehen fast alle auf dominierenden Punkten. Am stärksten erscheint dieser Wille der Beherrschung beim Münster, das allerdings viel mehr als Pfarrkirche war, nämlich das erste Gebäude und das Zentrum der Diözese. Im Übrigen folgte die Lage der kirchlichen Bauten dem Zufall und den Umständen, und namentlich konnte es sich auch nicht um eine gleichmäßige Verteilung im städtischen Gebiete handeln. Einzig in der, wenn auch nicht streng durchgeführten, doch im allgemeinen erstrebten Orientierung offenbarte sich ein Gesetz. „Fern im Osten wird es helle.“


Was die Kirchen in der Baumasse der Stadt auszeichnete, war das Ragen ihrer Wände, von imposantester Macht beim Barfüßerchor. Außer dem Münster boten sie nur Flächen fast ohne Schmuck. Alles an diesen Gebäuden erschien nach innen gekehrt und nach oben weisend.

Wie sehr die Kirchtürme das alte Bild der Stadt bestimmten, zeigen die Prospekte Schedels und Merians. Da die turmgleichen Ritterwohnungen der frühen Zeit, die Wicburgen, meist nicht mehr bestanden, waren neben den Türmen der Fortifikation diejenigen der Kirche das einzige massig oder schlank Aufsteigende. Von Weitem schon die große Stadt verkündigend, im Innern den Aufblick aus jeder Gasse beherrschend. Auch Kapellen trugen vielfach diese Auszeichnung; so St. Johann auf Burg, St. Nicolaus in Kleinbasel, die Spitalkapelle usw.; vom Türmchen auf dem Oratorium der Deutschherren war schon früh die Rede. Auch kein Kloster baute seine Kirche, ohne ihr einen Turm zu geben, dessen Glocke zunächst die Bewohner des Klosters selbst rufen sollte, aber auch einer weitern Gemeinde bei Begräbnis oder Gottesdienst ertönte. Auf dem Chordach des Klingentals stand ein vierundachtzig Werkschuhe hoher Turm, dessen Knauf ein vergoldetes Kreuz und

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 750. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/229&oldid=- (Version vom 4.8.2020)