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waren daher dreischiffig angelegt, einschiffig war nur die Karthäuserkirche. Querschiffe fanden sich nur im Münster. Bei den Pfarrkirchen war das Schiff länger und erheblich breiter als der Chor; ebenso bei den Mendikanten, die ihre Langhäuser als Predigthallen bauten und hiebei den größten Maßstab annahmen. Anders bei den Kirchen der übrigen Klöster, deren Langhäuser in erster Linie für die Hofbewohnerschaft, die Konversen Knechte Mägde Pfründer usw., und nur nebenbei auch für Leute aus der Stadt bestimmt waren. Daher z. B. bei den Karthäusern, im Klingental und im Gnadental die Chöre den Langhäusern in der Breite beinahe gleichkommen und sie in der Länge sehr übertreffen. Zu St. Leonhard wiederum ist das Langhaus in der Höhe dem Chor ungefähr gleich und mißt in der Länge sein Zwiefaches, in der Breite sein Dreifaches. Doch ruht seine Wirkung nicht auf diesen Maßen, sondern auf dem Gesamten des Raumes. Es ist 1489 als Hallenkirche gebaut. Da die Seitenschiffe, gleich hoch und gleich hell wie das Mittelschiff, nicht als niedere halbdüstere Kapellenreihen sich von ihm lösen, entstehen eine Möglichkeit praktischer Raumausnützung und zugleich ein Gesamtbild, wie in keiner der Kirchen alter Form.

Wenn auch der Laienraum den Chor meist an Ausdehnung übertraf, so stand er immer hinter ihm zurück in der baulichen Anlage und Durchbildung. Den Chorgewölben antworteten in den Schiffen — mit Ausnahme St. Albans, St. Leonhards und natürlich des Münsters — flache Decken. An die stärkere Bauart der Chöre erinnert, daß im Erdbeben sie alle fest Stand hielten. Der neue Chor zu St. Martin, der 1398 geweiht wurde, trat nicht an Stelle eines 1356 vernichteten, sondern war wegen Vermehrung des Chorpersonals nötig geworden. In gleicher Weise dürfen wir auch den Bau der übrigen, dem spätern XIV. oder dem frühen XV. Jahrhundert angehörenden Kirchenchöre (zum Unterschied von den ins XIII. und XIV. Jahrhundert zurückreichenden Klosterchören) als Wirkung davon betrachten, daß die Geistlichen allenthalben sich vermehrten und für ihren Chordienst erweiterten Platzes bedurften.


Als Trennung von Langhaus und Chor dienten durchweg die Lettner, über denen die Öffnung des Triumphbogens zwischen den beiden Räumen blieb. Im Klingental und wohl auch in den andern Kirchen von Weiberklöstern war diese Öffnung geschlossen; statt ihrer befanden sich unter dem Lettner einige vergitterte Fenster in der Mauer, die als Beichtfenster dem Verkehre der Nonnen mit dem Beichtvater dienten und überdies den Laien das Hören des im Chore sich vollziehenden Gottesdienstes ermöglichten.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 752. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/231&oldid=- (Version vom 4.8.2020)