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Vor diesem Lettner oder in einer Kapelle unter ihm haben wir, wie in andern Kirchen, so auch in denjenigen Basels den für den Gemeindegottesdienst hauptsächlich bestimmten Altar des hl. Kreuzes zu suchen, über dem sich ein großes Kruzifix erhob. Das berühmteste dieser Kreuze in Basel war der „große Gott“ des Münsters, der im Jahre 1385 über dem Lettner auf einem Querbalken im Triumphbogen errichtet worden war und 1529 beim Bildersturm unterging. Auch in der Peterskirche stand oder hing ein solches großes Kreuz ob dem Lettner.


Zur unentbehrlichen und frühesten Ausstattung des Langhauses gehörte der Taufstein, der in der Regel nahe beim Eingange stand. An Stelle alter wurden neue Taufsteine aufgestellt im Münster 1465, zu St. Martin 1451, zu St. Peter 1514, zu St. Theodor als Stiftung der Familie Kilchman ebenfalls im beginnenden XVI. Jahrhundert.

Jünger war die Kanzel, da den Predigten und gottesdienstlichen Lektionen anfangs der Lettner diente, der nur allmählich durch eine frei ausgebildete, selbständige Empore ersetzt wurde. Die am frühesten genannte Kanzel dieser Art ist das „brediger hüselin“ in der Peterskirche 1388, gleich den von da an öfters erwähnten „bredigstülen“ des Münsters und andrer Kirchen wohl nur ein hölzernes Gerüste. Erst das Ende des XV. Jahrhunderts schuf sie neu aus Stein: 1486 die herrliche Münsterkanzel Heynlins, 1497 die Kanzeln zu St. Martin und zu St. Theodor.

Neben diesen wenigen festen, nicht zu missenden Stücken verbreitete sich schon frühe die mannigfaltigste Fülle von Einbau und Schmuck. Anbetung Reue Trostbedürfnis Prunklust Familiensinn Gemeindegefühl brachten ihr eigentümliches Leben und schufen Werke, in denen, rings umschlossen von demselben Raume und beherrscht durch den einen Geist dieser Kirche, das Persönlichste des Einzelnen und der Zustand jedes Momentes sich verkörperten. Vor Allem die Altäre sind zu nennen, die als Meß­- oder Votivaltäre neben dem Hochaltar überall entstanden, an Wänden, an Pfeilern, in Winkeln und Nischen, bis hinauf in die Höhe des Lettners, der fast in jeder Basler Kirche seinen Michaelsaltar trug. Der Stifter will mit einem solchen Altar seine eigene Stätte für Gott bereiten, und jeder dieser Altäre hat sein Individuelles in der Art der Dotierung, im Patrozinium, in Form und Zierrat. Nicht nur die Priesterschaft wird durch das Entstehen neuer Altäre vermehrt. Sondern jede Altarstiftung ruft wieder der Beschaffung von Bildern Leuchtern Kelchen Behängen usw. Der Kultus selbst wird immer reicher und anspruchsvoller, und zuweilen kommen noch

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 753. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/232&oldid=- (Version vom 4.8.2020)