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des Johann von Gmünd geweckt alle Beteiligten, voran den Bischof, hinriß. Zur heutigen Erscheinung dieses einzigartigen Raumes treten alte Zeugnisse und Bilder, und wir sehen die schöne eingeschlossene Szene wie einen festlichen, über die andern Räume des Münsters emporgehobenen Saal vor uns. Zur Rechten und zur Linken ist er vom tiefliegenden Querschiff durch Holzwände geschieden, vor denen je drei Sitzreihen ansteigen, sodaß der „Chor des Propstes“ dem „Chor des Dekans“ gegenüberliegt. Unter Bischof Johann von Fleckenstein ist dieses Prachtgestühl von insgesamt sechsundneunzig Sitzen erstellt worden. Den zwischenliegenden weiten Raum schließt gegen das Langhaus eine gleich den Seitenwänden geschmückte hölzerne Schranke, hinter welcher der 1381 erbaute Lettner steht und in der zwei Gittertüren zu der ins Langhaus hinabführenden großen Treppe und zu den beiden Lettnertreppchen sich öffnen. Zwischen diesen Türen erhebt sich auf Stufen der steinerne Stuhl des Bischofs. Vor den Augen des hier thronenden Fürsten liegt ein unvergleichliches Bild: über der Vierung um Stufen erhöht das Altarhaus, dessen Umfassung den Blick vom Dunkel der Arkaden zum reichen Lichte der hochgelegenen Fensterflächen hinauf führt. Vor dem linken Vierungspfeiler steht das während des Konzils, 1436—1438, erbaute Sakramentshaus, hoch und schlank, reich gebildet, bunt, mit vergoldetem Schmiedwerk; weiter hinten glänzen aus dem Dunkel Altäre Gestalten Bilder und das Grabmal der Königin, öffnen sich Durchblicke und Türen; in der Mitte steigt ruhig und Alles beherrschend der Hochaltar auf. Was jeden Altar zu einem Orte besonderer Art macht, sein Dienst als Gebets- und Opferstätte, sein Mysterium, das erscheint hier noch gehoben durch das Hinzutreten kirchlicher und weltlicher Größe, durch das Gefühl eines Lebens, das seit Jahrhunderten sich in diesem Chor oft in der mächtigsten Bewegung zusammengefunden hat. Dieser erste Altar des Bistums, an Feiertagen von erlesenem Schmucke funkelnd, ist schon in gewöhnlichen Zeiten als etwas Besonderes gestaltet. Seine Hauptzierde ein großes steinernes Altarwerk mit den Gestalten des Gekreuzigten und der zwölf Apostel; bei ihm stehen vier Säulen, deren jede einen kerzenhaltenden Engel trägt. Zum Heilig Heilig Heilig dieser Cherubim leuchten ringsum die reinen Flammen auf den Kandelabern der Domherrensitze und Pulte, auf den Altären, vor Sakramentshaus und Sakristeitür; über Allem schwebt in der Höhe die mächtige Leuchterkrone.


Die Kirchen hatten vielfach Kapellen neben sich, meist zufolge der Stiftung Einzelner, die hier bei dem allgemeinen Gotteshaus, aber im Innern

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 757. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/236&oldid=- (Version vom 4.8.2020)