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separiert, einen speziell ihnen teuern Kultus einrichteten. Als Kapellen dieser Art dürfen gelten die an St. Leonhard angebauten (St. Michael und Johannes 1388, St. Katharina und Diebold 1339 und 1362), die Marienkapelle bei St. Alban, die Verenen- und Katharinenkapelle des Klingentals, die Eberlerkapelle zu St. Peter. Namentlich aber die großen Kapellenreihen des Münsters, deren nördliche, auf der eigentlichen Schauseite des Baus gelegen, durch die vier ältern und vornehmeren Stiftungskapellen (Bischof Heinrich von Neuenburg, Bischof Peter von Aspelt, Schaler, Münch), die südliche durch die spätern und bescheideneren (Tegernau Gebwiler Bebelnheim Fröwler) aus der Zeit 1320 f. gebildet wird. Doch blieben diese Kapellen nicht abgetrennt, sondern wurden mit dem großen Innenraume vereinigt; aus den Kapellenfluchten entstanden die äußern Seitenschiffe.

Sie traten damit in die Reihe vieler anderer Kapellen von Basler Kirchen. Denn in diesen konnte jeder Nebenschiffteil, jeder durch Joch und Pfeiler eingefaßte, durch ein Gewölbe oder eine Decke überspannte Raum Kapelle heißen, wenn in ihm ein Altar errichtet und geweiht war. In solcher Weise haben wir uns z. B. die zahlreichen Kapellen der Predigerkirche vorzustellen, die Kapellen unter den Lettnern des Münsters und der Barfüßerkirche, die Gallus- und die Stephanskapelle in den Querschiffen des Münsters.

Bei den separierten Stifterkapellen äußerte sich von Anbeginn die Macht des Eigenen, des Intimen in der Gestaltung und Ausstattung. Aber auch sie konnten statt des ursprünglichen nur persönlichen Interesses ein allgemeines erlangen vermöge ihres Alters, ihrer Indulgenzen, allfälliger Reliquien usw. Gleich andern Kapellen wurden auch sie ein Ziel zahlreichen Zuspruchs, womit natürlich das Wachstum ihrer Ausstattung Hand in Hand ging. Hiezu trat überhaupt bei allen Kapellen, am stärksten bei den mit der Kirche vereinigten, das natürliche Bedürfnis, den Raum des Mittelschiffes für die Besucher von Predigt Messe usw. möglichst frei zu halten und Alles, was Einbau oder Möbel war, in die Seitenschiffe und Kapellen zu weisen. So entstand das eigentümliche Bild dieser Nebenräume, wo im Halbdunkel, unter den mit Glasmalerei gefüllten Fenstern, zwischen Säulen und Gittern, vor Bögen und Nischen sich die Altäre Statuen Tischgräber Leuchter Betstühle drängten, Geräte Bilder Weihegaben gehäuft waren, Inschriften und Wappenschilde die Wände und Grabplatten den Fußboden deckten. Auch größere Stücke waren da zu sehen, wie das Heilige Grab in der Dieboldskapelle bei St. Leonhard. Aus den Lettnerkapellen des Münsters schimmerte weithin das Gold der Altaraufsätze und Antependien und der 1517 von Ratschreiber Haller gespendeten Engel.

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 758. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/237&oldid=- (Version vom 4.8.2020)