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ist uns unbekannt. Das gesamte reiche Leben dieser Intimitäten ist ohne Bezeugung, und nur zufällig, bei einer Gerichtsverhandlung usw., hören wir von einzelnen Kuren. Die Erben des Domkaplans Balthasar von Sennheim haben vier Heilkünstler zu honorieren, die den Verstorbenen besorgt haben: den Doktor Silberberg, den Doktor Wonnecker, den Meister Bernhard Brand und den Meister Peter. Werner Wölfflin ist Hausarzt bei Mathis Eberler. Auch Auswärtige werden zuweilen konsultiert: Konrad von Laufen, der vergiftet ist, sucht Hilfe bei den Aerzten in Mailand; Andreas Ospernell läßt 1454 für seinen Bruch einen berühmen Arzt aus dem Kloster Nuwenburg kommen, und wie Peter von Busch 1507 an den „Blattern“ krank liegt, heilt ihn der Scherer von Binzen.

So ist auch die Mannigfaltigkeit des Spezialistenwesens nur durch einige Namen angedeutet. Die Augenärzte Jos Murer von Baden 1416 und Meister Hans Wilhelm 1472; die Bruch- und Hodenschneider Meister Lenzlin 1417, Heinrich von Laufenburg 1462, Kaspar Tierberger 1483, Meister Jacob 1523; die Steinschneider Henman Falkner 1374 und Heinrich Falkner 1393; der Zahnbrecher Jörg von Passau 1477 müssen uns diese Klasse repräsentieren, die jedenfalls oft auf der Grenze des Charlatanismus, hie und da auch in der Nähe abergläubischen Zauberwesens stand. Der Hexenmeister Hans heilte geschwollene Beine, und die Ärztin Grete Bleicherin ging mit verdächtigen Mitteln um, wie Wolfsaugen Eisenkraut usw.

Überhaupt ist hier an diese praktizierenden Weiber zu erinnern, an die „schielende“ Ärztin aus Freiburg i. B. 1432, an die Ärztin bei der Rümelinsmühle 1490 u. A. m. Wir verstehen, daß auch über die Hebammentätigkeit hinaus die linden Hände einer Frau, ihr Geschick und ihr Empfinden manchem Leidenden wohltun konnten und daß man bei „weisen Frauen“ mit ihren Kräutern Tränklein usw. die Hilfe suchte, die der gelehrte Arzt und der Scherer nicht zu bringen vermochten.

Eine Heilkunst besonderer Art wurde im Antonierhof geübt; dort war ein Spital für Solche die „vom lieben heiligen sant Anthoni angegriffen“ worden waren d. h. an der mit Brandigwerden der Glieder verbundenen Krankheit des sog. Antoniusfeuers litten. Wir erfahren, daß dieses Spital auch „St. Antonien Wasser“ zur Heilung der Krankheit verschickte, und lernen gelegentlich, 1481, sein Personal kennen: den Meister Hans, die Jungfer Adelheid und zwei Assistenten. Mit dem Spital war ein Pfrundhaus verbunden, wo die Amputierten Aufnahme finden konnten.

Von einer Psychiatrie endlich wußte man nichts. Die Besorgung und Einschließung von Geisteskranken war Sache der Familie; im Uebrigen galt

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 546. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/25&oldid=- (Version vom 4.8.2020)