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dem Kaiser in Basel zusammentraf. Während die Reliquien unterwegs waren, starb Ludwig; am 4. November langten sie in Basel an. Aber noch war die Stadt nicht vom Bann absolviert; erst als dies geschehen, konnte der Heinrichskult feierlich promulgiert werden, am 4. Juli 1348.

Endlich St. Theobald, der durch Stiftung des Hüglin von Schönegg eine Kapelle bei der St. Leonhardskirche erhielt; sein 1369 in dieser Kapelle niedergelegtes Heiltum aus Gubbio wurde als wundertätig besucht und verehrt.

In der Tat war keine stärkere haltbarere Einbürgerung eines Heiligen in Basel zu denken, als eine solche durch Gewinnung seiner Reliquien. In diesen Stücken lebte er hier leiblich; ritt ein Fürst ein, so konnten ihn neben den profanen Stadtbewohnern auch diese hier heimischen Heiligen empfangen. Dazu traten das Hochgefühl der über den Gräbern der Märtyrer triumphierenden Kirche, der Glaube an wunderbare Heilkraft und der tatsächliche ökonomische Vorteil, den der Besitz eines solchen Schatzes bringen konnte. Wir verstehen daher den Eifer, mit dem z. B. 1319 nicht nur der Klerus, sondern offiziell auch die Stadtgemeinde Kleinbasels sich für ein Armstück des heiligen Theodor aus Bischofszell bemühte, 1360 das Domkapitel den Gnadentaler Frauen einige Reliquien aus San Silvestro a porta Settimiana in Trastevere abjagte.

Der allenthalben in den Basler Gotteshäusern anzutreffende Vorrat solchen Heiltums war groß und weitberühmt, am zahlreichsten natürlich im Münster, dann zu St. Andreas, zu St. Leonhard usw., und wie die Kirche die Wiedergewinnung eines ihr abhanden gekommenen Stückes dieser Kostbarkeiten zu belohnen pflegte, erfuhr Greda zum goldenen Ringe; sie verschaffte dem Domkapitel einen Splitter des heiligen Kreuzesholzes wieder, der ihm gestohlen worden war, und erhielt dafür die feierliche Begehung ihres Anniversars im Münster.

Wir haben nicht nur an die gottesdienstliche Feier der Festtage zu denken, viele wurden begangen tam in foro quam in choro. Die Schülerfeste an den Tagen der Heiligen Gregorius und Nicolaus, der Marientag im September „den man nennt zem Turney ze Basel“, das große Jugendfest am Georgstage mit dem Auszuge nach Haltingen oder einem andern muntern Orte der Nachbarschaft zeigten sehr weltliche Formen der Festandacht. Aber noch in anderer Weise konnten die jährlich wiederkehrenden kirchlichen Festtage mit ihren Gebräuchen und Leistungen — den Lichtmeßkerzen, den Ostereiern und Osterlämmern, den Lukasschuhen, den Martinszinsen, den Speisebesserungen für Spitalkranke usw. — in einzelnen, sonst vielleicht monotonen Lebensgängen zu Ereignissen werden.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 772. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/251&oldid=- (Version vom 4.8.2020)