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1441 über die Weihe von Kreuzgängen Altären Sakristei und Kapelle der Karthause durch Bischof Stephan von Marseille.

Die stärkste Form der feierlichen großen Kultusgeberde war die Prozession, das Vereinigen aller Beteiligten und ihr gemeinsames Dahinschreiten durch den heiligen Raum: das Innere der Kirche, die Kreuzgänge, das Atrium.

Solche interne Prozessionen fanden häufig statt, am häufigsten wohl beim Domstift; jährlich am Lukastage zogen die Nonnen des Steinenklosters die Litanei singend durch ihren Kreuzgang, zur Erinnerung an das große Erdbeben und „damit sie Gott fürder behüte“.

Aber hiebei konnte es nicht bleiben. Was in jeder einzelnen Kirche sich bewegte, strömte gelegentlich aus mehreren oder aus allen Kirchen der Stadt zu einem einzigen prächtigen Ganzen zusammen. Dies konnte geschehen, um einen bestimmten Zusammenhang zu dokumentieren; so in Kleinbasel am Antonius- und am Thomastage die Prozession von St. Theodor nach der Antonierkapelle zur Wahrung der Pfarreirechte. In den großen Prozessionen der drei Tage vor Himmelfahrt und des Markustages offenbarte sich die alte Einheit des städtischen Kirchenwesens; mit dem Domklerus zogen da die Geistlichen und Untertanen der Großbasler Kirchspiele, voraus ein Wald von Fahnen Kreuzen Kerzen, dann die Personen.

Im Übrigen waren die Prozessionen große Kultusformen, Verlegung des Gottesdienstes auf die Straße, Andachtsübung, prunkende Sammlung der Gläubigen als der Gefolgsleute eines Heiligen. So stellt sich uns der Prachtaufzug des Fronleichnamstages dar, so das große Ehrengeleite der Theobaldsreliquien 1369 usw. Neben der Pfarrgeistlichkeit nahmen auch die Mönche teil, bei den Untertanen neben den Männern auch die Frauen. Und zum allerhöchsten Pathos erhob sich die Veranstaltung in der Form erregter Bittgänge der ganzen Stadt, Groß- und Kleinbasels, bei drohender Teurung, bei Gefahr und Sterbensnot; über die Stadtgrenzen hinaus, bis zu fernen Gnadenorten — Totmoos Einsiedeln — gingen einzelne dieser Züge.

Durchweg aber galt die strengste Ordnung. Nicht nur die Tage der meisten Prozessionen waren vorausbestimmt; auch der Weg, den sie zu nehmen hatten, die Stationen, die sie unterwegs machten, ihre Gesänge und ihre Gebete, Alles war geregelt. Die steile Treppe hinter dem Chor von St. Martin hinauf, dann durch die Kirchen St. Martin und der Augustiner, ohne Rücksicht auf deren Meßfeier und Gottesdienst, ohne Pause, zuletzt pompös rings um das Atrium des Münsters zog Jahr um Jahr am Markustage die große Prozession der Kleinbasler. Auch die Reihenfolge

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 774. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/253&oldid=- (Version vom 4.8.2020)