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der Körperschaften im Zuge, der Personen und Würdenträger innerhalb jeder Körperschaft war festgesetzt; aber die Verhältnisse wechselten und die Ambitionen wuchsen, sodaß sich das Konzil in endlosen Verhandlungen mit solchen Präzedenzstreitigkeiten des Basler Klerus zu befassen hatte. Das Volk der Untertanen scheint meist in der Gruppierung nicht der Kirchspiele, sondern der Zünfte (Bruderschaften) mitgeschritten zu sein; die Kerzen, die es trug, bildeten einen wesentlichen Teil der ganzen festlichen Erscheinung.


In solcher Weise gestaltet waren der Gottesdienst und die Tätigkeit des geistlichen Amtes, die dem Einzelnen unaufhörlich nahe traten, die mit ihren Worten, ihren Sakramenten, ihren Gnaden und Gebräuchen seine Seele und seine Sinne von allen Seiten her ergriffen.

Um so gewaltiger ist daher die Vorstellung davon, daß die Kirche nicht allein die Macht hatte, sondern auch ihrem Interesse gemäß finden konnte, diesen ganzen Komplex kirchlichen Lebens zu Zeiten aufzuheben und ihre gewohnten Gaben und Leistungen zu versagen.

Zunächst durch das Mittel des Bannes oder der Exkommunikation d. h. der Ausstoßung aus der sichtbaren Gemeinschaft der Gläubigen. Der Exkommunizierte hatte keinen Zutritt zum öffentlichen Gottesdienst; in seiner Gegenwart durfte keine Messe zelebriert werden; er erhielt keine Sakramente und kein kirchliches Begräbnis. Seine Exkommunikation wurde von der Kanzel verkündet sowie durch Anschlag an der Kirchentüre bekannt gemacht.

Diese kirchliche Strafgewalt vollzog sich frei und mächtig, ohne Rücksicht auf weltliche Gewalten. Ja wir sehen, daß auch im Gebiete der letztern die kirchlichen Forderungen hinsichtlich der gesellschaftlichen und rechtlichen Nachteile des Bannes erfüllt wurden. Exkommunizierte Mitglieder des Rates und des Gerichtes waren von den Sitzungen dieser Behörden ausgeschlossen; dem Gebannten war auch jede Gemeinschaft seiner Zunft oder Gesellschaft verwehrt; kam er gleichwohl auf die Stube, so wurde er gestraft. Kein Knecht und Geselle durfte ihm dienen oder werken. Vor Gericht konnte er keine Klage anbringen und Niemand war ihm vor Gericht zu antworten schuldig. Als 1395 der päpstliche Kommissär zahlreiche Münsterkapläne wegen Renitenz gebannt hatte, durfte Niemand mehr mit ihnen verkehren, Keiner zu ihnen sprechen, sie grüßen, sie herbergen, mit irgendwelcher Sache oder Arbeit ihnen beistehen, ihnen leihen verkaufen raten usw. Die gesamte Lebensgemeinschaft, Handel und Wandel waren ihnen genommen.

Daß die Kirche schwere Sünden in solcher Weise ahndete, ist begreiflich. Aber anstößig und von ruchloser Härte war, wie sie den Bann als

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 775. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/254&oldid=- (Version vom 4.8.2020)