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Jahre sind als Zeiten gekennzeichnet, während derer die Stadt von solcher Züchtigung heimgesucht wurde: beim Streite Gerhards und Lütolds 1310, Johanns und Hartungs 1325 um das Bistum; beim Streite des Domkapitels mit dem Rat über Erhebung eines Ungelds 1317; bei den Beginenkämpfen 1318 f. und 1405 f. Während des Kampfes König Ludwigs mit dem Papste bestand das Interdikt in Basel über ein Jahrzehnt lang; es wiederholte sich unter Johann von Vienne 1366, beim Schisma 1382 f. Zuweilen suspendiert, aber erbarmungslos immer wieder erneuert. Daß die Kirche dergestalt nach Willkür ihren Gnadenschatz schloß oder öffnete und ihren Dienern verbot oder erlaubte, dem Volke beizustehen, schuf eine Not ohne Gleichen. Vor Allem natürlich beim Volke. Aber auch beim Klerus, der in schwere Konflikte geriet und für den, weil er nicht vom Gehorsam gegen die Obern, sondern vom Amte lebte, die Sistierung dieser Amtstätigkeit durch das Interdikt empfindliche Folgen ökonomischer Art hatte.


Das normale Verhältnis des Einzelnen zur Kirche, die offiziell anerkannte Äußerung religiösen Sinnes zeigt sich uns in verschiedenen Formen.

Neben der Teilnahme am Gottesdienste, dem Anhören von Messe und Predigt, dem Empfangen von Sakramenten und Benediktionen war es die Anbetung der Reliquien, das Geleiten des Fronleichnams, das Mitgehen in Prozessionen. Sodann das Bekennen von Sünden und die Übernahme der Buße, für uns in der Überlieferung festgehalten durch die Vorschriften für die alljährlich am Gründonnerstage vor dem Portal des Münsters stattfindende große Zeremonie der öffentlichen Bußzucht, und durch die diskreten Buchungen einst veruntreuten oder vorenthaltenen, nun in Folge der Beichte nachgelieferten Gutes in den Rechnungen einzelner Kirchen und der Stadt. Was zur Absolution hinzutrat, war das Abbüßen zeitlicher Sündenstrafen, die Genugtuung durch verdienstliche Werke: Gebet Enthaltung Opfer.

Das Letzte, die Gabe an die Kirche, war die für uns sichtbarste Form des guten Werkes. Man schenkte Geld, Zinsen oder Kapitalien, große oder kleine Summen. Man schenkte Häuser Liegenschaften Kleider Waffen Pferde Hausgeräte. Man stiftete dauernde Einrichtungen und Zierstücke. Ritter opferten ihre seidenen Waffenröcke, damit aus ihnen Meßgewänder, Kaufleute ihre silbernen Schalen und Löffel, damit aus ihnen Kelche gemacht würden. Was Kirchenbau und Kirchenausstattung hieß, kam zu Stande hauptsächlich durch Leistungen von Wohltätern. Andre Absichten wieder führten zur Stiftung von Messen, von Pfründen, von Prozessionen, von ausgezeichneter Begehung einzelner Feste. Werke großer Art waren die

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 777. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/256&oldid=- (Version vom 4.8.2020)