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ihrem Gotte nicht genug tun kann? oder nur ein praktisches Empfinden für Nöte und Bedürfnisse der Kirche?

Dieselben Fragen erheben sich, wie hier vor den Vergabungen, so vor andern Erscheinungen und Äußerungen jenes Kirchenlebens. Wie wenig persönliches Offenbaren begegnet uns, wie sehr überall nur das konventionell und rechtlich Formulierte oder das teilnahmlos Erzählte.

Einzelnes ergreift doch unmittelbar. So, wenn 1312 die Eheleute Raimund und Gisela sich alles ihres irdischen Glückes und Gutes entäußern: der Mann wird Minorit, er will sich und das Seine Gott weihen, nackt und von allen weltlichen Sorgen befreit Christo folgen; auch die Frau wird in ein Kloster treten; sollte sie weltlich bleiben, so fällt das ganze Vermögen an die Minoriten.

Auch im Übrigen sind uns hie und da Einblicke in einzelne persönliche Zustände gewährt. Als Nonne des Steinenklosters stirbt 1313 Ita von Rheinfelden, deren Heiligkeit, durch ein reines und frommes Leben bewährt, nach ihrem Tod in den herrlichsten Wundern glänzt. Unter den Baslern, die sich 1349 den Bußprozessionen der Geißler anschließen, ist auch Hug Fröwler genannt Rüde. Wenn der Ritter Rudolf Vitztum und der alte Henman von Erenfels ihren Erben unerfüllte Gelübde von Wallfahrten (nach Aachen Einsiedeln St. Beat) und versäumte Fasttage zur Vollziehung hinterlassen, so sind dies wenigstens Hinweise auf Formen und Mittel einer auch in hohen Gesellschaftskreisen üblichen Askese.

Mit einer speziell minoritischen Färbung von Devotion handeln die zum Rosen, die von Ramstein, die von St. Amarin; sie Alle stehen in engen Beziehungen zu den Barfüßern, den Klarissen, den Tertiariern. Ähnlich ist das Verhältnis der Marschalk zum Prediger- und zum Steinenkloster. Die Beziehungen Hüglins von Schönegg zum Leonhardskloster beruhen vielleicht auf seiner Verwandtschaft mit dem Propste Peter Fröwler. Während die Bärenfels durch den fast völligen Mangel einer Berührung mit kirchlichen Institutionen einen auffallend nüchternen oder profanen Eindruck machen, sind andere Familien durch entschiedenes Hinneigen nach dieser Seite ausgezeichnet, namentlich in der Form gleichzeitiger Einklosterung mehrerer Angehöriger; so die Emmerach im Klingental, bei den Johannitern und zu St. Blasien; so die Hertenberg 1363 bei den Predigern, im Klingental und zu Sitzenkirch; so Johann Püliant von Eptingen, der 1382 fünf Töchter im Klingental und eine Tochter in Olsberg hat. Auch die Berner zeigen eine bestimmte kirchliche Art: Niklaus stiftet Pfründen und Jahrzeiten; dazu kommt seine berühmte Spende, aus der jährlich dem jeweilen ärmsten Schüler am Dom, zu St. Peter

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 788. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/267&oldid=- (Version vom 4.8.2020)