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berufen wurde, zu besuchen und zu besichtigen“. Er sollte „jedem seine Kunst mitteilen, der dies begehrte.“ Außer dem Honorar der Patienten erhielt er von der Stadt eine feste Besoldung als Wartgeld. Auch hatte er die Kranken im Spital und in den städtischen Gefängnissen zu besorgen.

An dies Bereitsein zu Jedermanns Dienst bei Krankheit schloß sich die Funktion öffentlicher Experten. Stadtarzt und Scherer waren die Experten, die bei Streitigkeiten über ärztliche Behandlung, über Honorar, über Preis der Arzneien usw. sowohl durch den Rat als durch weltliche und geistliche Gerichte zur Begutachtung aufgefordert wurden.

Dieselbe offizielle Expertise wurde verlangt zur Besichtigung von Hingerichteten Verunglückten und Ermordeten. Als 1382 Spisselins Weib das Kind des Juden Robin mit einem Steine verletzte, mußte der Stadtarzt feststellen, ob es eine Wunde sei. Diese Wundschau erhielt in der Folge ihre genaue Organisation; und einem aus Stadtarzt und Scherer gebildeten Kollegium wurde auch die verantwortungsvolle Diagnose des Aussatzes in den Fällen übertragen, da Einzelne unter dem Verdacht oder der offenen Beschuldigung dieser Krankheit standen. Sorgfältig regelte der Rat das Verfahren, und noch besitzen wir zahlreiche Berichte über solche Lepraschauen, die hier, aber auf Wunsch auswärtiger Behörden durch die „bewährten Meister von Basel“ auch dort stattfanden.

Während Ärzte und Scherer einer Kontrolle zunächst nicht unterworfen waren, bestand eine solche schon zeitig für die Apotheker.

Die Ordnung, die Bürgermeister Rat und Zunftmeister im frühen XIV. Jahrhundert diesem Gewerbe gaben, knüpft das Bestehen einer Apotheke an obrigkeitliche Bewilligung und stellt die Apotheker unter eidlich zu übernehmende Pflichten. Sie duldet nicht die anderwärts vielfach vorkommende Verbindung der beiden Medizinalberufe. Apotheker kann nur werden, wer nicht Arzt ist; auch darf kein Arzt an seinem Geschäfte Teil haben. Keiner erhält die Betriebsbewilligung vom Rate, der sich nicht darüber ausweist, seine Kunst zu verstehen. Er soll alle Arzneien vorlegen können, die der Arzt verlangt, und nur gute Ware haben. Gifte darf er nur Solchen verkaufen, die sich durch zwei Bürgen legitimieren. Eine Ordnung von 1404 fügt zu diesem Allem noch eine Taxe für den Arzneiverkauf und stellt die ganze Reglementierung unter das Motiv, daß es dabei „des Menschen Leben und des Arztes Ehre“ gelte. Es ist dieselbe Auffassung, die wenig später auch das große Gutachten des Meisters Diether beherrscht; weil ohne getreue Apotheker und ihre gute Gewerbsausübung (mit den erforderlichen Lehrbüchern, mit stets frischer Ware usw.) der Arzt

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 548. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/27&oldid=- (Version vom 4.8.2020)