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Würdigkeit“ verfocht. Es war ein Streit, der zunächst als Hausstreit der Basler Kirche behandelt wurde, und den wir im Jahre 1405 auf der Höhe sehen. Er wurde zu einer ernsthafteren Sache, seit immer mehr von der Ketzerei dieser Beginen verlautete und in den Verhören der Inquisition, die deswegen eingerichtet wurde, auch die Gestalt des großen Häretikers Nicolaus von Basel wieder aufstieg; sein Schüler Jacob hatte im Fröwlerschen Hause und mit Beginen verkehrt. So kam es im Herbste 1405 zum Entscheide durch Humbert. In harter und herrischer Weise Alle miteinander treffend und um keine Distinktionen von Beginen und Tertianern, Orthodoxen und Ketzern sich kümmernd, belegte der Bischof sämtliche Begarden und Beginen in Basel mit dem Banne. Die sich nicht fügten, die Tracht nicht ablegten, die Lebensweise nicht änderten, die Irrlehren nicht widerriefen, übergab er dem Rate zur Bestrafung.

Diese bestand darin, daß der Rat sie Alle aus der Stadt wies und ihr Vermögen konfiszierte.

Auch die Barfüßer als ihre Begünstiger wurden vom Bischof gebannt, ihre Kirche unter das Interdikt getan.

Humbert konnte sich bei diesem Vorgehen auf ein Gutachten der Heidelberger Universität berufen. Aber wem außer ihm und seiner Partei war ein solches Gutachten Autorität? Während die vertriebenen Beginen hart vor der Stadtgrenze, im Gebiete des ihnen gewogenen Markgrafen, sich aufhielten, auf bessere Tage und die Rückkehr nach Basel wartend, zogen ihre Beschützer, die Barfüßer, die Sache nach Rom vor die Kurie.

Es ward ein Prozeß, wie diese Prozesse alle waren. Doch zeigen einige aus seiner Aktenmenge uns erhaltene Stücke eigentümliches Leben: die Abrede des Predigerkonvents mit seinen Konsorten über die Bestreitung der Kosten; die leidenschaftlichen Schriften und Gegenschriften der Parteien; die Briefe Mulbergs, die er, zur Förderung der Sache am päpstlichen Hofe weilend, an seine Freunde nach Basel schrieb.

Deutlich steht das wechselvolle Treiben vor uns, das während dieses Prozesses, jahrelang, in Basel selbst herrscht. Mulberg hat seine Vertreter auf allen Kanzeln und treibt sie aus der Ferne zum Kampf; „ich zürne euch, daß ihr nicht gen Himmel schreiet; hebt eure Kopfe hoch! Fürchtet die Mücken nicht, die euch umschwirren“. Wenn einzelne der verbannten Beginen sich hereinschleichen, ja wenn sie gestorben hier zum Grabe gebracht werden, entsteht die größte Erregung. Der Markgraf rührt sich zu ihren Gunsten. Der städtische Rat, in sich selbst parteit, faßt Beschlüsse bald in diesem bald in jenem Sinne. Die Interdikte kommen und gehen. Das Volk, durch

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 807. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/286&oldid=- (Version vom 4.8.2020)