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Andlau sammelte Wißbegierige und Schüler um sich. Er erteilte Unterricht und veranstaltete Disputationen. Ohne Lehrverpflichtung und auch ohne bestimmten Lehrauftrag. Aber — dies ist das Wichtige — durch die Bitten Vieler dazu bewogen und mit der Autorität seiner Vorgesetzten.

Näheres erfahren wir nur über eine 1450 durch ihn geleitete juristische Disputation. Aber diese Studien galten keineswegs nur der Rechtswissenschaft. Sie waren umfassender und gaben dem Andlau den Ehrennamen eines praeceptor arcium. Während Enea mit Staunen verkündet hatte, daß der Name Ciceros in Basel kaum bekannt sei, begann Andlau seine Disputationsrede mit einer feierlichen Invokation des großen Römers.

Die Wirkung dieser Tätigkeit Andlaus ist im Einzelnen nicht nachzuweisen. Wir haben nur dürftige Nachrichten. Den Kreis, der sich um Andlau scharte, kennen wir nicht. Bei den Vorgesetzten, unter deren Auspizien er handelte, ist wohl vor Allem an Leute wie Georg von Andlau und Arnold von Rotberg zu denken; und unter den Schülern war Heinrich Zeigler, der später zu den Führern der Stadt gehörte.

Als Andlau seine Lehrkurse begann, war dies, wie er selbst sagt, ein Wiederaufnehmen früherer Einrichtungen. Vielleicht auch solcher, die auf die beim Konzil gemachte Anregung zurückgingen, ein studium generale in Basel zu gründen. Aber mit Bitterkeit tadelt Andlau seine Zeitgenossen, die, aus guten und eifrigen Universitätsstudien heimgekehrt, hier in Apathie dahinleben. Ihn schmerzt, daß die „herrliche und erlauchte“ Stadt Basel nicht zu dem ihr gebührenden Ruhme kommt, daß solcher Reichtum an geistiger Kraft und an Wissen hier brach liegt; damit dies anders werde, unterzieht er selbst sich der schweren Aufgabe, einen Kampf- und Tummelplatz der Geister hier aufzutun.

Wunderbar, wie von allen Seiten her das Verlangen sich regt. Im Anschluß an die neue Münsterpredikatur werden theologische Vorlesungen eingerichtet, und zur selben Zeit, 1453, will der Rat, daß der Dominikanerprior Rieher nach Perugia oder Bologna gehe und vom Studium daselbst seiner Vaterstadt die lebendigen Quellen der Weisheit bringe.

Es ist ein neuer Geist am Werke. Und die Energie dieser Kreise führt uns unmittelbar zu den Unterhaltungen, deren Ergebnis die Gründung de Universität ist.


Als im August 1458 die Wahl des Enea Silvio Piccolomini zum Papst in Basel bekannt wurde, hatte dies Ereignis seine ganz persönliche

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 550. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/29&oldid=- (Version vom 4.8.2020)