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Bedeutung für Manchen, der vor zwanzig Jahren hier den Schreiber Aeneas von Siena gekannt hatte. Dieser war jetzt Papst und hieß Pius II. Mit seinem Bilde verbanden sich die Gedanken an das Konzil, das jetzt schon, allerdings über gewaltige Katastrophen hinweg, in der Erinnerung zu einer fast traumhaft glänzenden Erscheinung geworden war. Wie groß war damals Basel gewesen! Neben Rom ein Zentrum der Christenheit. Erfüllt vom Leben aller Völker des Erdkreises. Rat und Einwohnerschaft hatten diesem Welttreiben zugesehen, selbst daran teilzunehmen gemeint, und wie weggezaubert waren dabei gewesen alle die Plagen des alltäglichen Regiments, die Erbärmlichkeiten provinzialer Politik, von denen die Stadt, seitdem jene Zeit geschieden, wieder aufs ärgste heimgesucht wurde. Das Konzil hatte auch in der Politik die Interessen und Kräfte absorbiert. Als es mit ihm zu Ende ging, schien der nur zurückgedämmte Hader um so stärker loszubrechen, und zur gleichen Zeit sah sich die Konzilsstadt, weil eine langwährende und tausendgestaltige Anregung und Nachfrage aufhörte, einem schweren wirtschaftlichen Notstande gegenüber.

Und doch begannen gerade jetzt die schönsten und mächtigsten Jahre der städtischen Geschichte. Daß Basel diesen kritischen Moment zu bemeistern verstand und in aller Bedrängung nur immer stärkere Kräfte entwickelte, ist ein Zeugnis für die eingeborne Tüchtigkeit des Gemeinwesens. In einer unerhörten Häufung und Komplizierung aller Geschäfte bewies der Rat Mut und hohe Gesinnung. Seine Bemühungen zur Erweiterung des Territoriums, die in diesen Jahren begannen, zeigen ihn in ungewohnter Größe der politischen Gedanken und Ziele. Ähnliche Züge treten im städtischen Erwerbsleben vor. In der raschen Überwindung der wirtschaftlichen Schädigungen, die das Aufhören des Konzils gebracht, kündet sich stark und erfolgreich die Regsamkeit einer neuen Art von Kaufleuten. Auch sie lassen in allem Tun und Handeln erkennen, daß sie in einer wunderbaren Zeit leben; neue Gedanken und Bedürfnisse berühren ihr Wesen, und in Einzelnen unter ihnen treten zur Intensität des Betriebes noch schöne Eigenschaften persönlicher Art. Überall aber und mitten in aller Rauhheit und Ruhelosigkeit des Lebens meldet sich ein Verlangen nach höheren geistigen Werten; unter der Last äußerer Ereignisse dringt es umso ungeduldiger empor. Wie es in Dem und Jenem wach wird, wie es Gruppen zusammenbringt, wie es bestimmte Programme schafft, waltet durchweg der große Hauch einer erweiterten Welt. Mächtige Anregungen des Humanismus so gut wie der alten Wissenschaft wie der kirchlichen Regeneration wirken zusammen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 551. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/30&oldid=- (Version vom 4.8.2020)