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ein frevles Verachten von Zucht und Ordnung richtete sich jetzt die Reformabsicht; aber gegen ein zur Gewohnheit gewordenes lässiges Übersehen von alten Grundsätzen. In dieses Sichgehenlassen gedachte nun die Observanz eine Aufrüttelung zu bringen; die dabei vor Allem geforderte Hingabe jedes Besitzes, die expropriatio, war nur eine einzelne Äußerung des strengeren Geistes, der wieder walten sollte.

Aber wie vor zehn Jahren bei den Predigern, so stieß auch diese Reform, mit deren Durchführung der begeisterte Kämpfer der Observanz Nicolaus Caroli betraut war, auf Widerstand. Von Rebellion Gewalttat u. dgl. vernehmen wir allerdings nichts; aber auch dieser Konvent war in zwei Lager geteilt, und erst die Wahl des Leonhard Meyer zum Guardian scheint der Reform zum Siege geholfen zu haben. Zu Ende des Jahres 1440 geschahen die entscheidenden Schritte. Die am heftigsten widerstrebenden Brüder wurden aus dem Hause gewiesen und durch auswärtige Observanten ersetzt. Das Konzil, vor dessen Schranken die durch Hemmerlin so lebendig geschilderte Szene der Scheidung des Konventes sich vollzog, nahm sich der Einrichtung des neu bestellten Konventes sorgsam an und ließ seine Deputationen arbeiten. Auch der städtische Rat hielt sich nicht zurück; wiederholt traten bei diesen Verhandlungen seine Boten vor das Konzil, und schließlich übernahm er, auch vom Provinzial darum gebeten, bis auf Weiteres die den Mönchen unter der Herrschaft der Observanz ja nicht mehr mögliche Verwaltung des Klostervermögens.

Bei alledem scheint die Reformation doch nicht völlig durchgeführt worden zu sein. Noch immer gab es Hemmungen, und damit die Observanz zu ausschließlicher Geltung kommen konnte, bedurfte es einer nochmaligen Sezession altgesinnter Brüder. Solche geschah im Jahre 1443. Hiemit endlich war der Konvent gesäubert, die eigentliche Arbeit getan. Was dann am 20. November 1447 nachfolgte, war die formelle Entäußerung des Klosters von allen Gütern und insofern allerdings die Vollendung der Reformation; das Kloster übergab sein, bis 1440 durch den Rat verwaltetes Vermögen seinem Nachbar, dem Spital, unter Wahrung aller Rechte von Donatoren Fundatoren u. dgl.

Im gleichen Jahre handelte es sich auch um Einführung der Observanz in dem den Barfüßern verschwisterten Kloster Gnadental zu Basel; am 3. Mai 1447 übertrug das Konzil diese Reform dem schon erwähnten Nicolaus Caroli. Aber die Ausführung unterblieb; wir wissen nicht, weshalb. Erst im Jahre 1451, und nun durch das Papsttum, wurde Gnadental den Observanten zugewiesen.

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 819. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/298&oldid=- (Version vom 4.8.2020)