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Die Bemühungen des Konzils um Barfüßer und Klarissen gehörten einer Zeit an, da es mit seinem Glücke eigentlich schon zu Ende war.

Es ist ein ergreifendes Schauspiel, wie in den Schicksalsjahren 1438 und 1439 Papstbeseitigung und Papstwahl, die Großtaten des Konzils, mit furchtbaren Heimsuchungen durch Krieg Hungersnot und Pest zusammenfielen. Die höchsten Erwartungen wurden dabei an diese Epoche geknüpft. Eine neue glorreiche Zeit sah der Dichter auch für Basel kommen, diese Stadt, die jetzt an Stelle Roms das Haupt des Erdkreises werde.

Eine neue Zeit kam, aber völlig anders, als sie geweissagt wurde.

Während das Konzil um sein Leben rang, trieben die Schrecken dieser Jahre alle Welt zur Devotion. Nicht nur Pilgerfahrten und gewaltige, die ganze Stadt zu einer einzigen hilfeflehenden Büßerschar vereinigende Prozessionen waren Wirkungen dieser Seelenangst. Die Mildtätigkeit, die Bereitschaft zu frommen Stiftungen erhob sich aufs neue. Mächtige Donationen, wie diejenigen der Witwe Varnower und Henman Offenburgs an St. Peter, der Witwe Götz an das Spital und die Elendenherberge, des Junkers Friedrich Rot an die Augustiner, der Herzogin Isabella an die Karthaus usw. bezeugten neben der Stiftung des Salve Regina in der St. Andreaskapelle, neben der Stiftung der Sebastianspfründe zu Augustinern durch den Rat, neben den Stiftungen des Konrad zum Haupt für die Kranken im Spital und die Elenden u. dgl. m. die allgemeine tiefe Erschütterung. Große Kaufherren drängten sich in die Seelzunft zum Schlüssel, um ihrer kirchlichen Gnaden teilhaft zu werden. Auch die Pfarreireform zu St. Peter 1439 gewinnt Leben im Gedanken an diese Pestzeit, in deren Not und Arbeit der bisher mit der Seelsorge Betraute versagt hatte.

Aber die Leiden nahmen noch kein Ende. Im Jahrzehnt des entsetzlichen Krieges, der rings um Basel alles Land verheerte, sah sich auch hier die Kirche der desolatio, der Verwüstung und Not preisgegeben. Was z. B. ein Frauenkloster erleben konnte, zeigen uns die Schönensteinbacherinnen, die vor den Armagnaken nach Ensisheim, dann über den Rhein nach Neuenburg, zuletzt nach Basel fliehen mußten, an allen diesen Orten ein bedrängtes, ganz provisorisches Klosterleben führend und erst nach Jahren wieder heimkehrend. In ähnlicher Sorge und Unruhe lebten die meisten Landklöster diese wilden Jahre hindurch. Sie und mit ihnen die städtischen Stifter und Klöster litten aber auch finanziell unter der Verwüstung der Güter, unter der Bedrückung und Vertreibung der Zinsleute. Weil alle Welt darniederlag, blieben auch die gewohnten Gaben aus, kamen keine Novizen. So drohend war das allmähliche Aussterben einzelner Konvente,

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 820. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/299&oldid=- (Version vom 4.8.2020)