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daß der Predigerorden die Werbung neuer Brüder gebot. Das Stift St. Imer war schon 1443 in höchster Bedrängnis, das einst so mächtige Lützel schwer verschuldet. Die Basler Karthause, der vor allen andern städtischen Gotteshäusern die Gunst der Konzilsherren gegolten hatte, spürte nach dem Auseinandergehen der Versammlung sofort, daß diese Hilfen ausblieben. Und wie tief lag St. Leonhard darnieder; in seiner stolzen Klosterburg, die hoch und prächtig über die Stadt hin herrschte, lebten außer dem Propst Leonhard Grieb nur noch zwei Chorherren; auch für diese Wenigen war der Unterhalt kaum zu beschaffen, sodaß zuletzt Grieb, der die Propstei hatte aufgeben müssen und wieder Chorherr geworden war, die Kutte hinwarf und Weltgeistlicher wurde. Auch das Domkapitel klagte, daß der Krieg seine Einkünfte vernichtet habe, daß die devocio des Volkes dahin sei und keine Geschenke mehr eingehen.

Aber dieser Mangel traf nicht nur die Notwendigkeiten von Nahrung und Kleidung. Weil das Geld ausblieb für die Gebühren und weil des Personals für die Leistungen immer weniger wurde, kam die Einschränkung des Kultus, die Vernachlässigung der kirchlichen Besorgungen und Pflichten. Unter dem Zwange der allverbreiteten Not und Roheit zerfiel auch die Zucht in den Chören und hinter den Klostermauern.

Um das Konzil selbst aber ward es immer stiller. Das Leben zog sich sichtbar von ihm zurück und mit dem Leben die Teilnahme, die Hilfe, die Kraft. Das Konzil ward entbehrlich. Noch in der besten möglichen Form geschah seine Wegweisung aus Basel; dann folgte die Obedienzerklärung der Stadt an Rom und die feierliche Annahme dieser Unterwerfung durch den großen Papst Nikolaus V.


Von jetzt an sehen wir nur noch die eine römische Kirche am Werke. Auch am Werk ihrer Regeneration; dieses erscheint in seiner Bedeutung noch gehoben durch das, was die Not der letzten Zeit gebracht hat.

Die Konzilien haben versagt, und der Kurialismus kann siegreich darauf hinweisen, daß die Wahrheit doch und ausschließlich in Rom zu finden sei. Ein Strom von Kraft und Unternehmungslust geht durch die ganze Institution; es ist dieser neue Wille, der von nun an, zusammen mit den vom Volke selbst ausgehenden Wünschen und Anregungen, alles Kirchliche erfüllt und ihm, wenn auch die Absicht ohne Erfüllung bleibt, die dieser Zeit eigene Bewegung gibt.

Freilich fällt es oft schwer, an die innere Wahrheit des ganzen Vorganges zu glauben. Allzu gewaltig machen sich die sittliche Verderbtheit und

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Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 821. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/300&oldid=- (Version vom 4.8.2020)