Seite:Wackernagel Geschichte der Stadt Basel Band 2,2.pdf/311

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Ein positives Zeugnis der Besserung ist, daß 1473 zwei der Leonhardsherren zur Reformation des Stiftes Interlaken berufen wurden. Damals suchte der vom Kaiser mit einer ersten Bitte nach St. Leonhard gewiesene Schaffhauser Plato Spieß vergeblich hier anzukommen; er war Augustinerchorherr, aber nicht von der Observanz, und verlangte eine gesonderte Pfründe, während man zu St. Leonhard von solchen nichts mehr wußte, sondern Alles „in einer gemeind“ hatte.

Zu erwähnen ist auch, wie der Bischof sich bemühte, das Stift im Gange seiner jedenfalls schwierigen Rehabilitation zu unterstützen: 1469 durch Verlegung der oft mit dem Feste von Mariä Heimsuchung kollidierenden Kirchweih; 1470 durch Erteilung von Ablaß, wobei er sich aber nicht an alle Gläubigen, sondern in einer Weise, die das stille und ernstfreundliche Wesen dieser Gemeinschaft anmutig erkennen läßt, an die Brüder des Hauses selbst wendete.

Ohne Zweifel war mit den Windesheimer Herren ein neuer Geist zu St. Leonhard eingezogen. Wir denken dabei an denjenigen Geist klösterlichen Lebens und Frommseins, der uns noch heute durch Thomas a Kempis in einziger Weise nahe gebracht wird. Und weil mit dieser Reformation nicht nur ein neues, sondern ein fremdartiges Element in die kirchlichen Verhältnisse Basels eingeführt wurde, macht sie den Eindruck einer viel stärkeren und tiefergehenden Maßregel als die Reformation irgend eines andern Klosters.

Aber es kam bei ihr auch nichts Anderes in Frage als die Hauptsache und Niemand handelte mit außer den wirklich Beteiligten. Auch deswegen stand sie so weit ab von dem für Reform anderer Klöster, zunächst der Frauenklöster, Geschehenden.


Schon als es sich um das Steinenkloster handelte, wurde Manches laut, das nur zu bezwingen war durch die in gleicher Absicht fest verbundene Kraft kirchlicher und städtischer Obrigkeit. Vom Gnadental wissen wir, daß der Reformauftrag des Konzils vier Jahre lang auf dem Papiere blieb und die schließliche Ausführung 1451 durch die Kurie geschah; auch diese Zögerung war nur aus starken Widerständen zu erklären.

Nun aber die beiden mächtigen Klöster Kleinbasels, St. Klara und Klingental! Deutlich sehen wir hier allerhand Kreise, namentlich des oberrheinischen Adels, sich um die Klöster interessieren. Sie sind mit dem unobservantischen Leben durchaus einverstanden; eine Änderung des gewohnten Zustandes, ein Ernstmachen mit Klausur Kontinenz Gehorsam usw. würde

Empfohlene Zitierweise:
Rudolf Wackernagel: Geschichte der Stadt Basel. Zweiten Bandes zweiter Teil. Helbing & Lichtenhahn, Basel 1916, Seite 832. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wackernagel_Geschichte_der_Stadt_Basel_Band_2,2.pdf/311&oldid=- (Version vom 4.8.2020)